Speyer Eine Familie von Glücksbringern

RÖMERBERG. Der Mechtersheimer Marco Laubersheimer ist bereits in dritter Generation Schornsteinfeger: Die Tradition begründete Bezirksschornsteinfeger Heinz Laubersheimer. Zuerst in Mainz, übernahm er im Januar 1970 den Bezirk Römerberg/Speyer-Nord. Für Sohn Dieter, geboren 1952 in Bellheim und aufgewachsen in Speyer, kam nichts anderes als Schornsteinfeger in Frage. Schließlich will er in Konkurrenz dem älteren Bruder Alfred nacheifern. Der lebt heute in Mainz, ist – unnötig, es zu erwähnen – Schornsteinfeger. Dieter beginnt an Ostern 1966 die Lehre beim Vater, ist 1969 Geselle, 1973 Meister, bekommt 1986 einen Bezirk in Neustadt, 1991 den Kehrbezirk Ludwigshafen acht, Teile von Römerberg, Harthausen, Hanhofen ganz. Die Bruder-Geschichte wiederholt sich: Der ältere Sohn Michael geht 1989 bei Vater Dieter in die Schornsteinfeger-Lehre, arbeitet jetzt in Frankenthal. Bruder Marco (37) begleitet schon während der Schulzeit den Vater auf seiner Tour, verdient sich mit dem Reinigen von Holz-, Öl- und Gasöfen ein kleines Taschengeld. 1994 unterschreibt er den Lehrvertrag, wird von Bruder Michael ausgebildet, legt 2001 die Meisterprüfung ab. Auch für ihn „gab es seit Kindesbeinen nie etwas anderes“. Am Beruf Schornsteinfeger reizt ihn vor allem der Kontakt mit Menschen, Leute aus allen Schichten, vom Hartz-IV-Empfänger bis zum Millionär kennenzulernen: „Langweilig wird es nie, jeder Tag bringt Neues.“ Dieter Laubersheimers Tätigkeitsfeld erweitert sich Ende der 70er Jahre auf Immissionsschutz-Messungen. Ruß bei Ölheizung, Kohlenmonoxid bei Gas. Im Rückblick bestätigt der Mechtersheimer den Satz, dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind und ergänzt: „Vor allem beim Vater.“ Brandschutz – defekte Kamintür, Abstand zu brennbaren Teilen, Bodenblech, kaputte Kaminköpfe summiert die Berufsordnung unter „Feuerstätten-Schau“. Von schwerwiegenden Unfällen bleibt er verschont. Schornsteinfeger sind auch Seelenkümmerer. Dieter Laubersheimer erzählt: „Im Lauf der Jahre bauen sich persönliche Kontakte auf, wird man Teil der Familie, gerade für ältere und alleinstehende Leute.“ Einige Erlebnisse, die ihm in Erinnerung bleiben: In Speyer-Nord rennt eine Frau auf die Straße, schwingt einen Lappen, schreit zu ihm hoch: „Komm du mir nur runter.“ Durch ein undichtes Rohr hatte sich der Ruß über ihre Küche gelegt. Weitere Ereignisse: Eine sich auf dem Balkon nahtlos bräunende Dame, in Harthausen im Kamin eine Blechbüchse mit 800 Euro gefunden, plötzlich im Keller vor ihm ein ausgewachsener Adler, der seine Schwingen ausbreitet, tote Vögel, Ratten auf Speichern, eine abgemagerte Katze, die aus dem Kamin springt. Dieters Vater Heinz Laubersheimer fand in seiner Berufszeit einen Erhängten, der seit Wochen vermisst wurde. Marco Laubersheimer „rutschte bereits einige Male vom Dach“. Zum Glück, sagt er, immer auf eine Garage. Fast immer. Einmal waren es drei Meter. Ursache war ein durchgerostetes Geländer. Witterungseinflüsse, Moos und defekte Dächer gehörten zum Berufsrisiko. Bei der Berufsausübung in einem Hotel stand auf einmal die Feuerwehr hinter ihm. Der Betreiber hatte in die Ölheizung Rauchmelder einbauen lassen, berichtet er. In der Hauptsache sieht er sich heute als neutralen Berater in Sachen Energieeinsparung und beim Kauf und Einbau neuer Anlagen. Schwarz, rußig werde er nicht mehr allzu oft. Gelegentlich beim Kehren von Holzfeuerungen. Die wären allerdings wieder im Kommen. Marco Laubersheimer ist Trainer und Betreuer der Jugendspielgemeinschaft Römerberg. Da spielt Sohn Max Fußball. Schon mal ein gutes Training für die gemeinsame Zeit als Schornsteinfeger. Vielleicht noch mit Tochter Jule. Dass ihm eines der Kinder nachfolgt, ist sich Marco sicher. Sonst müssten sich die Römerberger eines Tages doch noch an einen neuen Glücksbringer-Namen gewöhnen.

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