Speyer „Den Zeitaufwand habe ich nie erfasst“

Josef Jerger
Josef Jerger
Herr Jerger, waren Sie heute schon in Ihrem Ehrenamt tätig?

Das kann ich fast täglich mit „Ja“ beantworten, denn als einer der Stellvertreter im Bundesverband der Landsmannschaft der Donauschwaben bin ich für das Referat Gedenkstätten und für das Referat Zwangsarbeiterentschädigung zuständig. Nachdem wir im Mai in Backi Jarak in Serbien (deutsch: Jarek) eine Gedenkstätte für 7000 deutsche Kinder, Frauen und alte Männer, die im Lager verstorben sind, einweihen konnten, ist im Referat Gedenkstätten weniger zu tun. Dafür gibt es fast täglich Arbeit im Referat Zwangsarbeiter. Hier sind bundesweit betroffene Landsleute beim Ausfüllen des Antrags zu beraten. Die Bundesregierung hatte entschieden, dass alle lebenden Personen, die in den Jahren 1939 bis 1956 Zwangsarbeit leisten mussten, eine Anerkennungsentschädigung erhalten sollen. Die Antragsfrist endet am 31. Dezember. Wie sind Sie zum Ehrenamt gekommen? Als Mitglied der damaligen donaudeutschen Trachtengruppe Ludwigshafen wurde ich in den Vorstand des Stadtverbandes gewählt und vom Vorsitzenden Franz Getto zum Landeskassenwart vorgeschlagen. Wie das so ist: Wer ein Amt annimmt, der kann damit rechnen, dass noch immer etwas dazukommt. Was fällt für das Amt an – welche Aufgaben, welcher Zeitaufwand? Ich bin auf mehreren Feldern aktiv. Den Zeitaufwand habe ich nie erfasst. Im Moment sind die Aufgaben die schriftlichen und mündlichen Beratungen zur Zwangsarbeiterentschädigung, die Küchendienste im Haus Pannonia und etwa jeden zweiten Monat die Vorbereitungen für die Verbandszeitung „Donaudeutsche Nachrichten“, die fünfmal im Jahr erscheint. Hier kann jeder nach seiner Neigung mitarbeiten. Meine Frau und ich sind zum Beispiel zusammen mit Freunden im Küchendienst tätig. Wir kochen an bestimmten Sonntagen für die Gäste des Hauses. Wir hatten am Sonntag vor zwei Wochen Spanferkel aus dem Backofen. Haben Sie ein besonderes Talent dafür, das gewisse Etwas? Vielleicht habe ich das Talent, auf den Menschen zuzugehen und zuhören zu können. Was mir nicht liegt, ist der Thekendienst im Haus Pannonia. Obwohl ich mich nicht als Hobbykoch fühle, bin ich lieber mit meinem Freundeskreis in der Küche. In welchen Momenten geht Ihnen das Herz auf? Wenn ich jemandem helfen konnte, und wenn die Gäste im Haus Pannonia zufrieden nach Hause gehen und fragen, wann es wieder ein gutes Essen gibt. Und wann platzt Ihnen der Kragen? Wenn ich mich über meine Ungeduld ärgere, und wenn Leute unberechtigte Kritik üben. Nach meiner Meinung sind dies meist Menschen, die sich nicht ehrenamtlich engagieren. Sie tun etwas für andere – wie kann man denn Ihnen helfen? Was ich bisher getan habe und auch jetzt noch tue, machte ich und mache ich gerne. Spontan kann ich nicht sagen, wie man mir helfen kann. Im Haus Pannonia ergänzen wir uns in den Arbeitsgruppen, das ist für mich persönliche Hilfe. Und bleibt an den Wochenenden auch Zeit für etwas anderes? Meine Ehrenämter sind so ausgelegt, dass nicht jedes Wochenende belegt ist. Da ich Rentner bin, kann ich das meiste unter der Woche erledigen. Da bleiben die meisten Wochenenden für meine Frau und mich frei, auch für die Familie und Begegnungen mit Freunden. Zur Person Josef Jerger, 78 Jahre, Raumausstattermeister, seit 2002 Rentner, seit 1956 in der Donaudeutschen Landsmannschaft aktiv. Zunächst in der Trachtengruppe und im Vorstand des Stadtverbandes Ludwigshafen, dann 17 Jahre Kassenwart des Landesverbandes, seit 1981 Landesvorsitzender, seit 1983 Mitarbeit im Haus Pannonia. | Interview: Narin Ugrasaner

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