Speyer Braunfrosch und Baumriesen

Für Körper, Geist und Herz: Info-Rast bei der Auwald-Führung.
Für Körper, Geist und Herz: Info-Rast bei der Auwald-Führung.

Als eine Wohltat für Körper, Geist und Seele hat sich am Donnerstag die erste öffentliche Führung auf dem heute vor einer Woche eröffneten Auwald-Weg erwiesen. Jürgen Walter, Hermann Steegmüller und Roland Kirsch vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dem Träger des Lehrpfads, haben die Besonderheiten des artenreichen Lebensraums am Rhein zirka 20 Teilnehmern vermittelt.

Anhand der sechs Informationstafeln auf der „großen Runde“ des Auwald-Wegs, zu Beobachtungen am Wegesrand und zu Teilnehmer-Fragen versorgten die Naturschützer Wissbegierige mit geistiger Nahrung. „Alle Vergangenheit ist nur ein Prolog“ – das dem englischen Dichter William Shakespeare zugesprochene Zitat auf dem ersten Lehrpfad-Schild (Titel: „Geschichte“) nahe der Anlegestelle der Rheinhäuser Fähre ist für Walter passend zur Dynamik des Auwalds („Nichts bleibt, wie es ist“) und darüber hinaus eine „Sache fürs Herz“. Das Motiv des Wandels war bestimmend bei Steegmüllers Rückblick auf die Gestalt des Rheins und seiner Auen. Von der Aufschüttung des Domgartens um 1080, über Tullas Rheinbegradigung ab 1817 bis zur forstlichen Nutzung der wenigen verbliebenen Auwälder seit dem Zweiten Weltkrieg spannte er den Bogen. Zwei Störche entdeckte derweil Walter hoch über den Köpfen der Teilnehmer, kurz darauf erschien ein Reiher. Auf dem Weg vom Schild zur Auwald-Geschichte, nach welchem es sich bei dem Lebensraum um einen Kultur- und keinen Ur-Wald handelt, zur Tafel über die Forstwirtschaft erklärte Biologe Walter der Exkursionsteilnehmerin Hildegard Weick aus Speyer-Nord die Eigenheiten des Echten Haarstrangs. „Wie Fenchel und Möhren ist er ein Doldenblütler und benötigt viel Licht“, sagte er. Auch Mäuse-Gerste, ein Ährengras mit relativ kleinen Samen, fand Walter. Steegmüller erinnerte an den letztlich erfolgreichen Kampf der BUND-Mitglieder für die Unterschutzstellung des städtischen Auwalds. Der Hintergrund: Forstliche Eingriffe hätten zu Lichtungen geführt, die aus Übersee eingeschleppte Arten wie die Goldrute besiedelten und einheimische Pflanzen verdrängten. Mit dem Stadtratsbeschluss, im Auwald kein Holz mehr zu schlagen, werde der Lebensraum für zehn Jahre geschont. Walter hörte derweil Buchfink, Zaunkönig und Mönchsgrasmücke singen. „Die kleinsten Vögel sind am lautesten“, so der Biologe. Noch vor Erreichen von Schild vier, „Vögel des Auwalds“, erkennt Teilnehmer Klaus Krumrey einen Pirol am Gesang, fängt Kirsch einen kleinen Braunfrosch und hängen Waldreben an Baumriesen. An der nächsten Tafel angekommen, stellte Kirsch sechs im Auwald heimische Specht-Arten vor: Bunt-, Mittel-, Klein-, Schwarz-, Grau- und Grünspecht. Sie benötigen große, alte Bäume, um Bruthöhlen anzulegen und Nahrung zu finden, weiß Kirsch. Die Tafeln fünf und sechs sind den „Tieren des Auwalds“ und der „Ökologie“ gewidmet. Hirschkäfer und Fledermäuse, Totholz und Frühblüher werden hier ins Licht gerückt. Gotthold Ephraim Lessing, Dichter der Aufklärung, liefert mit seinem Naturverständnis auf Schild sechs auch eine Beschreibung des Ökosystems Auwald: „In der Natur ist alles mit allem verbunden, alles durchkreuzt sich, alles wechselt mit allem, alles verändert sich eines in das andere.“ Termin Radtour mit Senior-Trainer Hans Wels zur Führung auf dem Auwald-Lehrpfad am Sonntag, 11. Juni, 14 Uhr; Treffpunkt : Dom.

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