Speyer An der Seite des schwierigen Reformators

Um Mut, Emanzipation und ein Eheleben im 16. Jahrhundert ist es am Sonntag in der Gedächtniskirche gegangen. In der traditionellen Protestationsfeier hat Pfarrer Uwe Weinerth an den Speyerer Reichstag im April 1529 erinnert, als dort gegen die Verhängung der Reichsacht gegen Martin Luther protestiert wurde. Im Mittelpunkt der Feier stand die Journalistin, Autorin und Schauspielerin Evelyn Sperber in der Rolle der Ehefrau des Reformators.

Mit ihrem Einsatz für die Reformation hätten sechs Reichsfürsten die europäische Glaubensfreiheit gerettet, betonte Weinerth. Zuvor hatte die Gemeinde das mit dem wohl bekanntesten Luther-Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ untermauert, begleitet vom Speyerer Posaunenchor. Katharina von Bora stellte der Pfarrer als „entlaufene Nonne und unverzichtbare Stütze Luthers“ vor. Mit viel Mutterwitz und Pragmatismus verkörperte Sperber die Ehefrau des Reformators in Schürze und mit den Händen in der Teigschüssel. Mit am Tisch saß der imaginäre Luther, vor sich einen Krug, gefüllt mit in Wein gekochtem Pferdemist, der nach den Worten „Käthes“ gegen den Husten des Reformators wirke. „Geduld braucht es auf jeden Fall, mit Dir zu leben“, sagte sie und rollte einen Kloß nach dem anderen. Armut beherrsche das Leben im alten Augustinerkloster in Wittenberg, in dem sie täglich bis zu 16 Mäuler stopfe, lamentierte Sperber alias Katharina von Bora. „Wir haben sechs Kinder und sind doch Nonne und Mönch geblieben“, fasste sie die Sache mit der Keuschheit zusammen. Dass „Martinus“ ihre Ehe über jedes Zölibat gestellt habe, sei das Schönste, das er je darüber gesagt habe, stellte sein „abgearbeitetes Weib“ fest. „Er hat ein gutes Werk an mir getan“, betonte Sperber. Ein Gott wohlgefälliges Leben zu führen sei jedoch einfacher als ein „Luther wohlgefälliges“. Sie wünschte, er würde endlich das Apfelbäumchen pflanzen, von dem so oft die Rede sei. „Ich pflanze, säe und ernte“, kritisierte sie die Bequemlichkeit des Ehemannes. Besonders dicht wurde Sperbers Spiel, als sie den Tod der kleinen Tochter beklagte. „Weinen ist besser als hadern“, erklärte Sperber, bevor sie sich wieder dem Leben an der Seite des Reformators zuwandte. Szenenwechsel: Bei gespendetem „Luther-Bier“ und Schmalzbroten ließen Pfarrer, Musiker, Sperber und die Besucher den Abend im Martin-Luther-King-Haus ausklingen. „Es hat sich nicht allzu viel geändert“, war die einhellige Meinung aller Frauen, die auch die Schauspielerin und langjährige RHEINPFALZ-Mitarbeiterin teilte, die zuvor eine Hauptrolle gespielt hatte. Katharina von Bora habe sie bereits 1987 gespielt, sagte sie und erzählte vom Theaterprojekt zum Buch der Autorin Christine Brückner, von ähnlichen Baustellen-Bedingungen im Eigenheim in Gönnheim wie im Kloster in Wittenberg vor knapp 500 Jahren und von zwölf Romanen, die „noch nicht ganz ausgereift“ in ihrer Schublade lägen. Aktuell befasse sie sich mit Texten zu den „schönen Seiten des Alters“, sagte Evelyn Sperber und faltete die Schürze der Katharina von Bora sorgfältig zusammen.

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