Speyer Die ganze Schönheit offenbart

Ansprechende Klangqualität: Die Speyerer Kantorei unter Robert Sattelberger.
Ansprechende Klangqualität: Die Speyerer Kantorei unter Robert Sattelberger.

Ein künstlerisch überaus anspruchsvolles Projekt ist in der Speyerer Gedächtniskirche auf imponierende Weise bewältigt worden. In der Gedächtniskirche erfuhr Mendelssohns „Elias“, sein zweites Oratorium über ein biblisches Thema nach dem „Paulus“, eine in jeder Beziehung adäquate, anregende Aufführung. Besorgt wurde sie von der Speyerer Kantorei, dem Heidelberger Kantatenorchester und einem sehr soliden Solistensextett unter Robert Sattelbergers höchst kompetenter Leitung.

Bekanntlich stellt das hervorstechende Merkmal des Mendelssohn’schen „Elias“ der dramatische Zug dar. Gemeint ist die spannungsgeladene Gestaltungsweise der Geschichte vom verzweifelten und zuletzt siegreichen Ringen des unbeugsamen Propheten mit den vom richtigen Glauben an Israels Gott Jahve abtrünnigen Baal-Anbetern und seiner schließlichen Himmelfahrt in einem Feuerwagen, gezogen von feurigen Pferden. Dieser prägenden Charakteristik – im Gegensatz zur eher episch bestimmten „Paulus“ – wurde die Wiedergabe in der Gedächtniskirche weitgehend gerecht. Am Dirigierpult agierte Sattelberger mit stets präsentem Willen zum Formen und ganz besonders zum Ausdruck. Es darf gesagt werden, dass der Kirchenmusikdirektor Mendelssohn diesmal beim Wort genommen, seine musikalisch dramatischen Absichten höchst konsequent, mit letzter bedingungsloser Hingabe umgesetzt hat. Andererseits vollzog Sattelberger mit klarer Zeichengebung durchweg überlegen die musikalischen Abläufe, sorgte für genaues Zusammenspiel und stand für ausgewogene Klangverhältnisse zwischen Chor, Orchester und Solisten ein. Zudem zeigte er sich stets um Differenzierung bemüht. Ihm lässt sich bescheinigen, ein richtiger Spiritus rector der Produktion gewesen zu sein. Auf jeden Fall offenbarte Mendelssohns monumentales Oratorium diesmal seine ganze Schönheit, seinen Reichtum an mehr als nur reizvollen melodischen und harmonischen Eingebungen, wobei andererseits die mehrstimmigen Satzgebilde extrem deutlich aufgeschlüsselt wurden. Besonders nachhaltig haften blieben in der Erinnerung die kontrastreiche expressive Gewalt, die aufwühlende Intensität der Turbachöre bei den Auseinandersetzungen des Propheten mit den Anbetern der falschen Gottheit Baal. Die Szene des Propheten mit der jungen Witwe, deren totes Kind er wieder zum Leben erweckt, stand im Zeichen sowohl konfliktbeladener, erregter Dramatik als auch anrührender Lyrismen. Nicht zu vergessen schließlich die mächtigen Chortableaux, bei denen die Speyerer Kantorei durch ansprechende Klangqualität für sich einnahm. Ebenfalls Anerkennung gebührt dem Solistenensemble. Das erste Wort gilt dem Propheten: Ihm schenkte Thomas Herberich seinen tadellos geführten Bariton. Er gefiel außerdem durch dramatische Diktion. Durch sehr angenehmes Tenortimbre und ausgeprägte gestalterische Präsenz beeindruckte Martin Erhard als Obadja, und die Partien der im Oratorium vielbeschäftigten Engeln sangen die beiden Sopranistinnen Juliane Dennert und Almut Fingerle sowie die Altistinnen Nikola Rümenapf und Simone Pepping tonschön und musikalisch einwandfrei. Solide Leistung zeigte auch das Heidelberger Kantatenorchester.

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