Rhein-Pfalz Kreis „Straßen-Arabisch – das brauchen wir“
„Ana uriidu an akulu pizza fi Bad Dürkheim alyawm.“ Heute möchte ich Pizza in Bad Dürkheim essen. Was ich zuvor für völlig unmöglich gehalten habe, ist tatsächlich wahr geworden: Ich kann nach nur vier Stunden Unterricht einfache arabische Sätze formulieren und aussprechen. „Stacheldraht und Gartenzwerg, das brauchen wir nicht. Wir konzentrieren uns hier auf die wichtigen Wörter.“ So hat es mir Klaus Bylitza vor Kursbeginn im Gespräch erklärt. Ein Amerikaner komme mit einem Grundwortschatz von 350 Vokabeln aus, und mehr brauche es auch nicht zur Verständigung. „In zehn Minuten haben Sie die Struktur der arabischen Sprache verstanden“, kündigt der Kursleiter an. Ich mag es nicht so recht glauben, meinen Mitschülern dürfte es in der Mehrzahl auch so gehen. Doch Bylitza, der an diesem Morgen schon einmal einen vierstündigen Arabischkurs an der Dürkheimer Kreisvolkshochschule geleitet hat, ist sich seiner Sache sehr sicher. Der Mann ist Sprachentrainer, bereitet zum Beispiel auch Manager auf Auslandsjobs vor. Er arbeitet mit dem aus dem ZDF-Fernsehen bekannten Gedächtnistrainer Oliver Geisselhart zusammen, spricht nach eigenen Angaben 14 Sprachen – und unterrichtet zwölf davon. Sein System beruhe auf der Erkenntnis, „dass sich mit den Hilfsverben eine ganze Sprache aufbauen lässt“, sagt er. Hilfsverben, das sind sein und haben, schießt es mir durch den Kopf. Nach einem schnellen Kaffee geht es dann los. Haben oder sein? Erst mal haben: Vor jedem Teilnehmer liegt ein ehrfurchtgebietender Packen Papier. Es sind 22 DIN-A4-Seiten, mit denen zehn Frauen und ein Mann an diesem Nachmittag Arabisch lernen sollen. „Warum Arabisch?“, will Bylitza der Reihe nach zunächst wissen. Nun, die meisten hier haben irgendwie mit Flüchtlingen zu tun. Wie die Frau, die in Mannheim unbegleitete junge Männer betreut. Oder jene, die an Flüchtlinge vermietet hat. Oder die beiden Damen, die ihrerseits Deutschkurse für Flüchtlinge geben, eine ist eigens aus Mosbach angereist. Der einzige Mann im Kurs tanzt nicht nur seines Geschlechts wegen etwas aus der Reihe. Er hat unter anderem in Saudi-Arabien und Libyen gearbeitet, möchte seine Sprachkenntnisse etwas auffrischen. Und wird im Laufe der nächsten vier Stunden etliche Anekdoten aus der arabischen Welt zum Besten geben. Ich selbst habe über meinen Job einige Syrer kennengelernt, mit denen ich inzwischen befreundet bin. Meinen zusammengeklaubten kleinen Wortschatz aus einer Smartphone-App und dem von ihnen aufgeschnappten Straßenarabisch möchte ich nun endlich mit ein paar grammatikalischen Kenntnissen untermauern. „Straßenarabisch ist gut, das ist das, was wir brauchen“, meint Bylitza. „Wir werden deutsche Sätze ins Arabische übersetzen“, kündigt er an. „Sie haben keine Chance, dem Sprechen im Arabischen zu entkommen.“ Und dann, nach einer halben Stunde entspannten Vorgeplänkels, geht es in die Vollen. „Ana fi Almanya.“ Ich bin in Deutschland. „Ana min Almanya.“ Ich bin aus Deutschland. Jeder kommt mal dran. Keiner kann sich drücken. „Vergessen Sie bitte ganz schnell den Anspruch, die Wörter korrekt auszusprechen“, rät Bylitza. Seine Devise: Fehler machen schadet nichts, Hauptsache, man wird verstanden. Und dann kommt die Tabelle dran, in der wichtige Verben wie essen, trinken, gehen, kommen, sagen, fragen und machen in allen Personen in der Gegenwart durchkonjugiert sind. Das funktioniert immer nach demselben Schema, erklärt Bylitza: „A – t – y – n.“ Akulu. Ich esse. Takulu. Du isst, männliche Form. Yakulu. Er isst. Nakulu. Wir essen. Und dann gibt es kein Halten mehr. Die Gruppe trainiert unter Bylitzas Anleitung an zahllosen Beispielsätzen. Kombiniert mit haben, sein und möchten. „Ana“in-dii sayara.“ Ich habe ein Auto. Eigentlich ganz einfach, wenn man Bylitzas lateinische Umschrift ablesen kann und das Problem mit den arabischen Buchstaben nicht hat. Es folgen viele weitere Zettel. Zettel mit wichtigen Verben und Substantiven, Personalpronomen, Fragewörtern und so weiter. Eine Frau kapituliert nach zwei Stunden vor dem irrwitzigen Lerntempo. Dennoch ist auch sie von dem Kurs begeistert. Sie werde zu Hause in Ruhe üben, kündigt sie an. Denn eines ist klar: Wer die Zettel hat, kann sich nun in Arabisch verständigen. Wer sie nicht hat, ist allerdings fast genauso aufgeschmissen wie zuvor. Denn es ist ja klar, dass die Vokabeln nach vier Stunden noch nicht sitzen können. Aber wer jetzt dranbleibt und viel übt, kann sicher auch bald ohne die Zettel stolz von sich sagen: „Ana atakallamu al-Arabiya.“ Ich spreche Arabisch.