Rhein-Pfalz Kreis „Schreibtisch ist Privatsphäre“

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BOBENHEIM-ROXHEIM. Wenn der Bürgermeister im Urlaub oder krank ist, muss ihn der Erste Beigeordnete der jeweiligen Gemeinde vertreten. In Bobenheim-Roxheim ist das seit mehr als einem Jahr Frank Peter (CDU). Wir haben ihn im Rathaus besucht und unter anderem gefragt, ob er für die Urlaubsvertretung selbst Urlaub nehmen muss. Schließlich ist der 45-Jährige im Hauptberuf Rechtsanwalt.

Hallo Herr Peter, Sie sitzen ja gar nicht auf dem Chefsessel, sondern im Beigeordnetenzimmer!

Das würde ich nie machen. Bürgermeister Michael Müller hat es mir zwar angeboten, aber ich finde, der Schreibtisch eines anderen ist eine Privatsphäre, die man achten soll. Wie ist das eigentlich, als Ehrenamtlicher einen hauptamtlichen Bürgermeister fast vier Wochen lang zu vertreten? Vermisst man Sie nicht in Ihrer Wormser Kanzlei? Ich bin zwar fast täglich hier im Rathaus, aber nicht den ganzen Tag. Es kann ja auch viel über Telefon und E-Mail laufen. Wichtig ist, dass weiterhin alle in der Verwaltung auf dem Laufenden bleiben. Dass sie wissen, was gerade anliegt und woran gearbeitet wird. Dazu dienen zum Beispiel die Besprechungen der Fachbereichsleiter, bei denen ich jetzt natürlich dabei sein muss. Ansonsten haben Sie nichts zu tun? Doch. Es müssen Schriftstücke wie Einladungen, Protokolle und Mietverträge unterschrieben werden. Die Ergebnisse einer Bürgermeister-Dienstbesprechung im Kreishaus muss ich an die Gemeindeverwaltung weitergeben. Und dann läuft ja mein Fachbereich als Beigeordneter ganz normal weiter. Wofür sind Sie denn zuständig? Hauptsächlich für die Bürgerdienste. Dazu zählen das Ordnungsamt, die Feuerwehr, Schule, Kindertagesstätten, Senioren, Jugend, Vereine und Soziales. Das ist schon eine ganze Menge, aber deshalb muss ich mich in Vertretungszeiten auch nicht mehr so stark einarbeiten. Außerdem ist die Verwaltung hier ein tolles Team mit einem sehr guten Arbeitsklima. Das erleichtert mir die Aufgabe ungemein. Was liegt denn im Moment so an in Ihrem Fachbereich? Die Unterbringung von Asylbewerbern ist ein ganz großes Thema, das viele Abteilungen betrifft. Aktuell drängt auch die Frage, wo und wie wir zwei neue Kindergartengruppen schaffen können. Und dann steht ja die erste gemeinsame Kerwe beider Ortsteile Ende September bevor. Wird das was? Ich bin guter Dinge, dass die Bürger zufrieden sein werden. Wir haben ein attraktives Programm zusammengestellt, und das Ortskartell bemüht sich um möglichst viele Beiträge beim Kerweumzug. Der wird ja über eine längere Strecke als bisher geführt, über 3,1 Kilometer von Roxheim nach Bobenheim. Im nächsten Jahr ist es umgekehrt. Wie sind Sie eigentlich in die Politik und in die CDU gekommen? Das war schon im Jugendalter. Mein Großvater hatte eine Gaststätte, in der sich die damalige CDU-Fraktion immer getroffen hat. Da habe ich beim Zuhören gelernt: Man darf sich nicht immer nur beschweren, sondern muss auch mal selbst was machen. In der Bobenheim-Roxheimer CDU wurde ich recht schnell Vorsitzender, musste mich dann aber ums Studium und den Aufbau meiner Kanzlei kümmern. Vorsitzender des CDU-Ortsverbands bin ich wieder seit Dezember 2013. Sie sind selbstständiger Jurist und arbeiten in Worms und Bobenheim-Roxheim. Was ist Ihr Spezialgebiet? Straf- und Familienrecht. Im Strafrecht engagiere ich mich bundesweit in der Vertretung von Opfern. Darüber habe ich promoviert und Bücher veröffentlicht, darin bilde ich Fachanwälte und Richter fort. Warum interessiert Sie das so sehr? Ich bin gelernter Strafverteidiger und habe in Hauptverhandlungen immer wieder beobachtet, das Nebenkläger ihre Mandanten, also die Opfer von Straftaten oder deren Angehörige, nicht gut vertreten. Das hängt damit zusammen, dass die Bundesrechtsanwaltskammer noch keinen Fachanwalt für Opferrechte eingeführt hat. Und die Staatsanwälte und Strafverteidiger konzentrieren sich in so einer Verhandlung auf den Täter. Deshalb wurde ein Verband Deutscher Opferanwälte gegründet, dessen Vorsitzender ich bin. Worauf kommt es bei der Opfervertretung an? Schon mal darauf, dass das Opfer seine Rechte kennt und darauf vorbereitet wird, wie so eine Hauptverhandlung abläuft. Das ist zum Beispiel bei Sexualdelikten sehr wichtig. Das Opfer darf beispielsweise verlangen, dass während seiner Zeugenaussage der Täter den Sitzungssaal verlassen muss. Und dann geht es natürlich darum, im Strafverfahren Schadenersatzansprüche gegen den Täter geltend zu machen. Ihr Engagement dafür klingt nach viel Arbeit und vielen Dienstreisen. Wie können Sie sich da noch ein Beigeordnetenamt leisten? Das politische Ehrenamt betrachte ich als ein Hobby, so wie andere ins Fitnessstudio oder Angeln gehen. Wenn man das zeitlich gut plant, geht das auch. Gerichtsverhandlungen werden ja sehr lange vorher terminiert, und in der Kanzlei kann ich auch mal ganze Tage für Termine blocken. Fahren Sie diesen Sommer in Urlaub? Nicht dass ich wüsste. Um mal rauszukommen und was anderes zu sehen, nutze ich oft meine Vortragsreisen. Dann hänge ich in einer Stadt wie Berlin einfach noch einen Tag dran. Letzte Frage: Wie sieht es aus mit anderen politischen Ämtern? Haben sie Lust auf Landespolitik? Das ist durchaus denkbar. Bei der kommenden Landtagswahl werde ich möglicherweise auf der CDU-Liste kandidieren, aber wohl ganz weit hinten. Ein Landtagsmandat wird da sicher nicht daraus erwachsen.

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