Rhein-Pfalz Kreis Nicht jede Schrift ist gleich

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Ich berichte in der RHEINPFALZ ja öfter mal über Kindergarten- und Schulkinder, die gemeinsam Zeitung lesen oder ihre Lieblingsartikel ausschneiden. Diese Woche habe ich gelernt, dass das auch Erwachsene tun. Und zwar welche, die ebenfalls Lesen und Schreiben lernen – und eine neue Sprache noch dazu.

Neugierig wie ich bin, habe ich mich in die Flüchtlingsunterkunft in Limburgerhof rein gemogelt. Mir wurde nämlich erzählt, dass einige Menschen dort ganz ähnlich mit Zeitungen arbeiten, wie die Kinder in Kindergärten und Schulen im Rhein-Pfalz-Kreis. Die begleite ich ja schon eine ganze Weile und wollte jetzt mal gucken, wie das bei den Erwachsenen läuft – ob die auch Papierhüte basteln, oder eher andere Dinge mit der RHEINPFALZ anstellen. Mein kleiner Bruder Nals fand das ziemlich lustig. Er hat sich darüber gewundert, dass Leute, die älter als 20 Jahre sind, Lesen und Schreiben lernen. Manchmal macht er es sich eben ganz schön leicht. Er hat nicht darüber nachgedacht, dass die Leute in der Flüchtlingsunterkunft von weit weg kommen. Aus Afrika, zum Beispiel. Da sprechen die Menschen natürlich kein Deutsch und viele auch nicht Englisch. Das heißt, wenn sie zu uns kommen, müssen sie eine ganz neue Sprache lernen, die völlig anders ist als ihre eigene. Und es geht sogar noch weiter: Auch die Schrift ist in vielen afrikanischen Ländern anders als hier bei uns. In dem Deutschkurs in der Flüchtlingsunterkunft habe ich Major, Selam und Awet aus Eritrea und Wael aus Ägypten kennengelernt. Die Eritreer haben mir erzählt, dass sie zu Hause Tigrinya sprechen und die äthiopische Schrift benutzten, die sehr eckig aussieht. Der Ägypter Wael hingegen spricht Arabisch und benutzt auch die arabische Schrift. Die ist ziemlich schnörkelig und wird von rechts nach links gelesen, also aus deutscher Sicht verkehrt herum. Das ist also alles viel komplizierter als Nals denkt. Wenn er in China wäre, wo es noch mal andere Schriftzeichen gibt und von oben nach unten gelesen wird, müsste er mit seinen Schreib- und Lesekünsten ja auch noch mal ganz von vorn anfangen – von der Sprache ganz zu schweigen. Genau so ist das bei Major, Selam, Awet und Wael. Damit die das möglichst gut hinbekommen, kriegen sie übrigens Hilfe. Sie gehören zu einer Gruppe, die von Doris Kleinhans unterrichtet wird. Die war früher Lehrerin und hat deutschen Kindern in der Grundschule Lesen und Schreiben beigebracht. Jetzt unterrichtet sie Flüchtlinge. Doris Kleinhans gehört zu den vielen Menschen in Limburgerhof, die in der Asylunterkunft und im Rathaus Sprachkurse geben, damit die Flüchtlinge sich bald schon richtig gut mit den Deutschen verständigen können. Es gibt auch Patenschaften und andere Angebote, die den Neuankömmlingen, für die hier alles fremd ist, bei der Orientierung helfen sollen. Doch zurück zur Zeitung: Die ist für Kleinhans eine Ergänzung zu den Sprachbüchern, mit denen eigentlich gelernt wird. Auch die Flüchtlinge lesen zusammen mit ihrer Lehrerin Artikel, suchen nach Wörtern, die sie schon kennen oder die sie besonders gern mögen. Sie haben eine Collage mit ihren liebsten Artikeln und Überschriften gebastelt – ähnlich wie in den Schulen. Wenn man Lesen und Schreiben lernt, kommt es auf das Alter eben nicht so sehr an. Das ist im Grunde immer das Gleiche. (yns)

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