Rhein-Pfalz Kreis „Integration beginnt bei den Kindern“

Schifferstadt. Kleine Indianer haben sich diese Woche auf einer Koppel hinter dem Schwimmbad getummelt. Darunter Flüchtlingskinder, die das pädagogische Angebot mit Tieren vom Deutschen Kinderschutzbund (DKSB) finanziert bekommen. Die traumatisierten Kinder sollen für ein paar Tage ein Stück unbeschwerte Kindheit genießen.

Kriegsbemalung im Gesicht – und auch die Pferde haben ein bunt-gemustertes Fell. Doch auf Kriegsfuß sind die sechs kleinen „Rothäute“ nicht. Friedlich dösen sie in der Hitze, bespritzen sich ab und zu mit Wasser und genießen die Nähe von Criollo-Haflinger Fernando und Pony Moritz. Die Schlacht für heute ist geschlagen, jeder hat gute Kriegsbeute gemacht, die vielen bunten Federn am Kopfschmuck verraten es den unwissenden Bleichgesichtern. „Für jede erfolgreich erledigte Aufgabe gab’s eine“, erzählt Corinna di Silvestre. Zusammen mit Sina Speth und Sprachpädagoge Carsten Schöttke bieten sie auf einem Areal im Neustückweg 20 „Tiergestützte Pädagogische Angebote“ mit Pferden und Schafen an, die die Entwicklung von Kindern unterstützen soll. Diese Arbeit wird auch als zweiwöchige Ferienbetreuung von 9.30 bis 16 Uhr angeboten. Pro Tag sind dann Kinder den ganzen Tag mit den Tieren zusammen. „Wir reiten, gehen im Wald spazieren, führen die Tiere aus – beschäftigen uns eben mit ihnen“, erzählt Corinna di Silvestre, die hauptberuflich Erzieherin in einer Kindertagesstätte ist. Und jeder Tag steht unter einem Motto: Hufeisen, Schatzsuche oder eben Indianer. Es wird dazu gespielt und gebastelt. Ein ideales Angebot für Flüchtlingskinder, fand Kerstin Köllner vom DKSB, die über Sina Speth davon erfahren hat. „Ein Spender hat uns Geld zur Verfügung gestellt, jedoch mit der Bitte, es für eine integrative Maßnahme zu verwenden“, erzählt Köllner, die auch für den Rhein-Pfalz-Kreis in der Flüchtlingssozialarbeit tätig ist. Die meisten Flüchtlingskinder seinen traumatisiert: „Sie haben ihre Heimat, ihre Freunde und Verwandten zurücklassen müssen“, erzählt sie. Zu diesem Verlust komme häufig noch eine dramatische Flucht. Einer der Jungs habe mit seiner Familie mehrere Tage im Wald ausharren müssen. Den Kindern werde oft ein Stück Kindheit genommen, weiß Köllner. Manche müssten zu früh zu viel Verantwortung übernehmen. Tiere können da Wunder wirken, sagen die Pädagogen. Nach Gesprächen mit den Eltern – nach ihren Erfahrungen überließen sie ihre Kinder nicht so einfach jemand anderen – wurden 16 Kinder aus dem Rhein-Pfalz-Kreis für die Ferienbetreuung eingeladen. Die Kosten von 25 Euro pro Tag und Kind übernimmt der Kinderschutzbund. Seit Anfang der Woche verbringen deutsche und Flüchtlingskinder Zeit mit den Tieren – das Vertrauen der Kinder in Fernando und Moritz scheint grenzenlos. Der mächtige Haflinger läuft friedlich zwischen den Kindern, holt sich mal hier mal da ein paar Streicheleinheiten. Skender hat Fernando besonders in Herz geschlossen. Sein Bruder Gizim kuschelt lieber mit Pony Moritz. „Sie sind aufgeblüht“, erzählt Köllner, denn die Jungs, die mit ihrer Familie seit ein paar Monaten in Schifferstadt leben, hatten in ihrer alten Heimat im Kosovo auch ein Pferd. Nebenbei lernen sie spielerisch Deutsch, zum Beispiel beim Tier-Memory. Körperteile werden zuerst an sich selbst und dann am Tier benannt. Oder beim Spielen mit den deutschen Kindern, die die Sprachbarriere mit Händen und Füßen einfach aus dem Weg räumen. „Integration beginnt bei den Kindern“, ist Köllner überzeugt und hofft, so auch Berührungsängste bei den deutschen Eltern abzubauen.

x