Rhein-Pfalz Kreis In Gold nicht aufzuwiegen

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Schifferstadt. „Vermutlich habe ich den Preis auch für meine Beharrlichkeit bekommen“, schmunzelt Oskar Schmidt. Als Hobbyhistoriker setzt sich der Schifferstadter nicht nur für die Erforschung des Goldenen Huts ein, er will den Kultgegenstand auch im öffentlichen Bewusstsein gebührend beachtet und gewürdigt wissen. Dafür wurde er jüngst mit dem Kulturförderpreis der Kreissparkasse geehrt.

Bereits als 16-Jähriger half Oskar Schmidt bei archäologischen Grabungen mit, und seit seiner Pensionierung hat der promovierte Biologe wieder mehr Zeit für seine vielfältigen Interessengebiete: Archäologie, Geschichte und Astronomie vor allem. Auf wundersame Weise scheint der Goldene Hut die Schnittmenge all dieser Wissenschaften zu sein. Kein Wunder also, dass er ihn seit vielen Jahren fasziniert. Nach Schifferstadt zog Schmidt 1993, weil er von dort mit dem Rad zur Arbeit im Agrarzentrum Limburgerhof fahren konnte. Die gute Verkehrsanbindung der Stadt sei ein Argument gewesen, ebenso der Wald. Schmidt wurde 1949 in Zeitz, in Sachsen-Anhalt geboren und ist dort aufgewachsen. Er studierte Biologie, stellte 1984 einen Ausreiseantrag und arbeitete nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität von Bochum. Offenbar hat Schmidt seine Schifferstadter Heimat schnell ins Herz geschlossen: Er machte eine Ausbildung zum Stadtführer und befasste sich intensiv mit der örtlichen Geschichte. Als die Stadtverwaltung die Bürger 2008 einlud, Ideen zum Stadtmarketing zu entwickeln, erlebte Schmidt eine Überraschung. „Bei der Frage, was die Stadt zu bieten habe, nannte man Ringer und Rettiche“, erinnert er sich. Der Goldene Hut kam zwar zur Sprache, aber eher als „regionale Besonderheit“. Schmidt selbst war schon damals überzeugt, dass der Goldhut auf Augenhöhe mit den wichtigsten historischen Artefakten der Menschheitsgeschichte steht. „Für viele Schifferstadter klingt das abgehoben“, stellt er fest. Dass Fachleute den Hut anders bewerten, kann Schmidt leicht beweisen. In einem Geschichtsbuch ist im Zeitabschnitt 2000 bis 1000 vor Christus in Mitteleuropa nur ein bedeutender Ort genannt: Schifferstadt mit dem Goldenen Hut. Außerdem zeigt das Bild die Büste der Nofretete in Ägypten, Kunst aus Mesopotamien, Iran und dem Alten China. Zum 175. Jahrestag der Auffindung des Goldhuts rief Schmidt beim Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin an und fragte die Hauptkustodin, Alix Hänsel, ob sie zum Jubiläum nach Schifferstadt kommen wolle, um einen Vortrag zu halten. „Selbstverständlich!“, habe Händel gesagt – und weil sie vorher unbedingt den Fundort sehen wollte, sei sie ziemlich abgehetzt ein paar Minuten zu spät zur Veranstaltung gekommen. Die Schifferstadter sind in Sachen Goldhut sehr bescheiden, lässt sich aus Schmidts Worten schließen. In Sachen Fördermittel trauten sie sich beispielsweise nicht an überregionale und internationale Töpfe heran. Anders in Nebra, dem gerade mal 3300 Einwohner zählenden Dorf in Sachsen-Anhalt, in dem die bronzezeitliche Himmelsscheibe gefunden wurde. „Ein paar Leute dort haben die Sache in die Hand genommen und inzwischen 25 Millionen Euro von EU, Bund, Land und anderen Trägern eingeworben“, erzählt Schmidt. Derzeit engagiert er sich für die Anerkennung des Goldhuts als Weltkulturerbe. Das ist vielleicht einfacher als seine Anerkennung als Schifferstadter. Als Stadtführer hat er mal „alte Schifferstadter“ herumgeführt und dabei wie gewohnt Hochdeutsch mit kaum wahrnehmbarer sächsischer Färbung gesprochen. Als er „ich, als Schifferstadter“ sagte, hätten seine Begleiter gesagt: „Sie sind kein Schifferstadter und werden auch keiner.“ Schmidt trägt es mit Fassung. Zum einen hat er viele gute Erfahrungen gemacht, zum andern versteht er jetzt den feinen Unterschied zwischen „Schifferstadter“, was man erst nach mehreren Generationen wird, und „Schifferstadter Bürger“, was man durch die Meldung des Wohnsitzes ist.

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