Rhein-Pfalz Kreis „Erotische Andeutungen und feinsinniger Humor“

Was kommt raus, wenn sich Kaiserin Sisi (1837 – 1898) und Komponist Wolfgang-Amadeus Mozart (1756 – 1791) in unserer Zeit treffen? Das erleben die Besucher bei einer szenischen Lesung am Donnerstag in der Schifferstadter Stadtbücherei. Im Interview verrät Ela Sommer, die den Part der Sisi übernimmt, was sie an der Kult-Kaiserin so faszinierend findet, welche Themen die beiden Persönlichkeiten besprechen und welche Süßigkeiten demnächst bei den Proben gereicht werden.

Küss die Hand, Frau Sommer. Oder muss ich „Eure Majestät“ zu Ihnen sagen?

Nein, heute geht der bürgerliche Anredemodus. Da bestehe ich drauf. (lacht) Dann bin ich beruhigt. Mögen Sie Mozart? Oh ja, natürlich. Seine Sinfonien, seine Opern Und wie schaut’s denn mit Kaiserin Sisi aus? Klar, mag ich auch. Eine zwiespältige Figur, mit ihrem Schönheitswahn und den strengen Diäten. Das ist faszinierend. Wussten Sie, dass sie einen Fitnessraum hatte? Nein. Interessant. Nicht wahr? Das würde heute wahrscheinlich unter dem neudeutschen Begriff Bodyshaping laufen. Sie war extrem eitel. Eine spannende, interessante und liebenswerte Frau. Ist es dann einfach, in die Rolle zu schlüpfen? Nun ja, es ist ja keine klassische Schauspielrolle in dem Sinne. Die Veranstaltung ist eine szenische Lesung unter dem Begriff Timecrossover. Schon wieder so ein neudeutsches Wort. Mozart und Sisi haben ja zu verschiedenen Zeiten gelebt, haben sich nie getroffen. Und die beiden begegnen sich in unserer Gegenwart. Wir bewegen uns also auf drei Zeitebenen. Das ist witzig und geistreich. Zum Beispiel, wenn Mozart Sisi den String-Tanga erklären will. Oder sie ihm indefinite enzephalografische Algorithmen näher bringen will. Natürlich identifiziere ich mich mit der Figur, und das ist mir in dem Fall auch nicht schwergefallen. Treffen sich Sisi und Mozart in der Gegenwart – so könnte auch ein schlechter Witz anfangen. Was macht den Reiz dieses Treffens aus? Zunächst mal die profane Tatsache, dass sich ein Mann und eine Frau treffen. Die beiden kommen sich in einem fiktiven Zeitraum näher, ohne, dass etwas geschieht. Natürlich kommt es zu ein paar Anhimmelungen. Hach, Herr Mozart Über welche Themen unterhalten sich die beiden denn, abgesehen von String-Tangas? Mode, Nina Hagen, Madonna. Bei Letzterer ist Sisi ganz verlegen: Wir können doch nicht über die Heilige Jungfrau reden. Aber Mozart klärt sie dann auf. Und dann geht es noch um Gold, Geld, Macht, Zeit und Machtmissbrauch. Und das findet alles ganz gemütlich in einem Café bei Sachertorte mit Schlagobers statt? (lacht) Wohl eher Mozartkugeln. Im Ernst: Wo die beiden sich treffen, bleibt offen. Sie begegnen sich irgendwo. Das könnte auch in der Stadtbücherei Schifferstadt sein. Aber es bleibt unklar. Da treffen schon zwei Alphatiere aufeinander. Wer hätte da mehr Respekt vor wem gehabt? Mozart hat natürlich Respekt vor ihr. Schließlich ist sie eine Monarchin. Aber sie ist auch informiert über ihn, weiß, dass er eine Koryphäe im Bereich Musik ist. Sie lernt ihn als interessante Persönlichkeit kennen. Bei ihr ist die Beziehungsebene gerade am anflammen. Er sieht sie als Monarchin und Frau, auf die er abfährt. Da Sie es ansprechen: Der Komponist und die Kaiserin – wäre da auch was in amouröser Hinsicht gegangen? Die beiden hätten sich fantastisch verstanden und sich auch sehr geliebt. Aber auch auf der menschlichen Ebene hätten sie einen tragbaren Konsens gefunden. Auch da kommt wieder das Feinsinnige ins Spiel an dem Abend. Das heißt, man muss mitdenken? Ja, aber man wird zart geführt. (lacht) Wie bereiten Sie sich auf den Abend vor? Wir treffen uns vorher zu den Proben. Da ist dann natürlich auch Gaby Kiessling dabei, die den Abend musikalisch mit Stücken von Mozart auf ihrer Zither begleitet. Sisi hat ja auch Zither gespielt. Zwei Personen aus unterschiedlichen Epochen zusammenbringen – wie geht das? Es ist auf jeden Fall von Anfang an spannend. Man liest sich in den Text ein und fängt an zu verstehen. Dabei muss ich sagen, dass Manfred Uhl, der Mozart liest, nicht wie Mozart aussieht. Genausowenig, wie ich der Kaiserin gleiche. Wichtig ist, dass man sich zügelt und nicht die Rolle spielt. Ich habe einen Fächer auf der Bühne, das war auch Sisis Accessoire. Und Manfred Uhl hat so einen Rokoko-Krusel. Das genügt. Die Kunst ist dann, wie der Text gelesen wird und wie wir reagieren. Was wir sagen, soll ins Gehör der Zuschauer und dann deren Fantasie anregen. Obwohl sie sich nie getroffen haben, haben die beiden doch etwas gemeinsam. Was meinen Sie? Süße Denkmäler: Es gibt Sissi-Taler und Mozart-Kugeln. Schon mal probiert? Also die Mozart-Kugeln sind bei jeder Probe dabei. Unangenehmerweise. (lacht) Von den Sissi-Talern wusste ich nichts. Moment, ich schau gerade mal im Internet nach. (Ela Sommer tippt kurz Befehle ein) Tatsächlich. Die Chancen stehen gut, dass Sie bei den Proben demnächst zweigleisig fahren, was die Nervennahrung betrifft? Auf jeden Fall. Dafür werde ich sorgen. Danke für den Tipp. Gerngeschehen. Jetzt aber genug genascht. Welche Personen, die sich nie begegnet sind, würden Sie denn noch gerne aufeinander loslassen? (Überlegt kurz) Den Neandertaler und Schriftsteller Umberto Eco, Karl Marx und Königin Elizabeth II., oder Shakespeare und Roland Schimmelpfennig. Schimmelpfennig ist einer der meistgespielten Dramatiker der Gegenwart. Und Shakespeare, nun ja, ist Shakespeare.

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