Rhein-Pfalz Kreis „Ein Projekt, das niemals endet“

Hohen Besuch gab es zur Eröffnung: Die damalige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (pinkfarbener Blazer) war am 10. J
Hohen Besuch gab es zur Eröffnung: Die damalige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (pinkfarbener Blazer) war am 10. Juni 2008 zu Gast in Limburgerhof.

«Limburgerhof.» Ursula von der Leyen. Die handschriftlichen Buchstaben unter dem Schreiben aus dem Oktober 2007 sind deutlich zu entziffern. Und diese Unterschrift hieß: Limburgerhof hatte es geschafft. Der Weg für ein Mehrgenerationenhaus war geebnet. Der Bund hatte dem eingereichten Konzept zugestimmt und die Gemeinde ins Programm aufgenommen. Den Anstoß haben Gemeinderätinnen der verschiedenen Fraktionen ein Dreivierteljahr vorher im Februar 2007 gegeben, erinnert sich Rosemarie Patzelt (FWG), Erste Beigeordnete der Gemeinde. Monika Haber und Regina Schultheiss für die CDU, für die SPD Inge Sabin, Doris Klausat und Christine Wendel sowie die heutige FDPlerin Esther Hofmann, für die Grünen Hannelore Putz-Geissler und Brigitte Meißner sowie Monika Page und Rosemarie Patzelt für die FWG. Unterstützung bekamen sie von der Gleichstellungsbeauftragten des Rhein-Pfalz-Kreises, Heidi Seifried. Jene der Gemeinde war mit Inge Sabin eh involviert. „Allen war das Gemeinwesen wichtig“, sagt MGH-Leiter Michael Müller rückblickend. „Man hatte das Gefühl, es gab keine Grenzen mehr, sondern nur das gemeinsame Wollen einer Einrichtung, die unterschiedliche Menschen verbindet. Sie haben es mit einer Hingabe gemacht, die beeindruckend ist.“ Und auch Rosemarie Patzelt zeigt sich Jahre später noch stolz, was die Frauen parteiübergreifend für den Ort geschaffen haben. „Für mich ist es eine Sternstunde der Kommunalpolitik“, sagt Patzelt. „Das hat Vorbildfunktion, wie Kommunalpolitik funktionieren soll.“ Mit Hilfe von Jutta Grünfelder und dem damaligen Bürgermeister Peter Kern (SPD) hat die Gemeinde einen zehnseitigen Antrag eingereicht. „Es war ein Riesenaufwand“, erinnert sich Patzelt. „Aber sehr fundiert.“ Die Maschinerie war angelaufen, der Gemeinderat stimmte dem Antrag auf Förderung durch Bundesmittel zu und auch, dass die Gemeinde das Projekt selbst bezuschusst. Das ist bis heute geblieben. 30.000 Euro kommen jährlich vom Bund, den Rest stemmt die Gemeinde. Hinzukommen projektbezogene Förderungen des Landes wie jüngst für das neu entwickelte Programm „Zeit für Familie“. „Ein Mehrgenerationenhaus muss sich eine Gemeinde leisten“, findet Patzelt. Folgerichtig wurde auch die Einweihung am 10. Juni 2008 mit großem Tamtam gefeiert. Auch, weil Ursula von der Leyen als damalige Bundesfamilienministerin persönlich vorbeikam. Im pinkfarbenen Blazer, erinnert sich Müller, und erzählt von einem wahren Menschenauflauf an diesem Tag – Politiker, Presse, Bürger. „Man hat sie kaum gesehen, so viele standen um das Auto rum, als sie ausstieg.“ Einen besseren Start, findet Patzelt, hätte es nicht geben können. Im Laufe der Jahre hat sich die Einrichtung etabliert. Und die anfänglichen Ideen der Gemeinderätinnen sind umgesetzt worden. Das zeigt eine Analyse von 2007, in der die Frauen den Ist- und Soll-Zustand zusammengetragen haben. „Das wurde alles irgendwie umgesetzt“, sagt Müller. Schlagworte wie Kreativwerkstatt, Alt-für-Jung-Werkstatt, Erwachsenenbildung, Kurzzeitbetreuung, Besprechungsraum und Büro sind auf dem Papier etwa zu lesen. Als Gebäude wurde das Alte Rathaus in der Speyerer Straße ausgewählt, in dem schon Kindertagesstätte, CJD, Kreisseniorenbüro und Schutzhilfe untergebracht waren. „Das war schon ein guter Ansatz für das Konzept“, sagt Patzelt. Für die passende Möblierung des MGH haben sich die Macher damals etwas einfallen lassen: Patenschaften für Tische und Stühle. Das habe gut funktioniert. Und die Möbel, sagt Müller, würden heute noch genutzt. Für ihn, der von Beginn an der Einrichtung vorsteht, zeichnet sich diese durch die vielen verschiedenen Angebote für alle Altersklassen aus. „Es sind viele Details, die sich verknüpfen und neue bilden“, beschreibt er die Arbeit. Schön sei, dass das MGH als „im Gemeinwesen wirkend wahrgenommen wird“. Qualitativ und quantitativ. „Es ist deutlich geworden, dass sich das Mehrgenerationenhaus dynamisch entwickelt und ein niemals endendes Projekt ist“, sagt Müller. „Es wird von den Bürgern nicht als in sich geschlossene Lokalität wahrgenommen.“ Es habe limburgerhofweit Raum eingenommen. Von der Urvorstellung, eine Art Ersatz für die Großfamilie zu schaffen, sei man im Laufe der Jahre abgerückt, sagt Patzelt. Aber, sagt Müller, das Zusammentreffen der Generationen funktioniere. „Aber nicht in geplanten Dingen, sondern in Dingen, die sich aus Begegnungen entwickeln.“ So könnte es sein, dass mal spontan ein älterer Herr vorbeikommt und zum Beispiel Bastelmaterial bringt und so auch mit der Jugend ins Gespräch kommt. Oder Senioren, die am Mittagsangebot „Zusammen essen“ teilnehmen, auch an anderen Tagen vorbeikommen oder mal einen Kuchen bringen. „Diese Begegnungen – auch das ist das MGH“, findet Müller. Seit 2017 hat sich der Hauptstandort des Mehrgenerationenhaus in das Jugendkulturzentrum in der Hans-Sachs-Straße verlagert. Der Grund: Platzprobleme. „Das war schon eine Zäsur“, sagt Müller. „Aber das Alte Rathaus ist als Ursprungsstandort noch da.“ Dort treffen sich beispielsweise Selbsthilfe- und Bildungsgruppen. Das Jugendkulturzentrum ist zur Begegnungsstätte geworden. „Jeder kann vorbeikommen, aber es gibt exklusive Termine für die Jugendarbeit“, betont Müller. Was genau das MGH ausmacht und wie es sich entwickelt hat, stellen die Macher mithilfe von Künstlerin und Kuratorin Sabine Amelung in einer Ausstellung zusammen. 32 Tafeln über das Haus und zehn Tafeln aus den Ferienaktionen und dem Talentcampus werden ab morgen gezeigt. „Es ist schwierig, eine klassische Ordnung zu finden“, sagt Müller. Eben weil die Projekte verwoben sind. Einen Zeitstrahl wird es nicht geben, sondern eine thematische Ordnung zur „Idee des Miteinanders“, „Gelingendes Miteinander durch steten Wandel“, „ein gesellschaftliches Muss – Sozialisation von Anfang an“ oder auch „Zukunft mitgestalten“ zum Beispiel. Dabei werden natürlich auch alte Dokumente zu sehen sein. Solche wie das Schreiben aus dem Oktober 2007 mit der geschwungenen Unterschrift von Ursula von der Leyen. Termin Die Ausstellung zum zehnjährigen Bestehen des Mehrgenerationenhauses wird am Dienstag, 16. Oktober, um 19 Uhr im Rathaus eröffnet. Interessierte sind willkommen. Es werden Führungen durch die Ausstellung, Getränke und Fingerfood aus verschiedenen Ländern angeboten. Im Rathaus sowie im Jugendkulturzentrum sind Informationen rund um das Jubiläum bis Freitag, 26. Oktober, zu sehen.

Die unterschiedlichen Bausteine machen ein Mehrgenerationenhaus aus – und davon profitiert auch die Arbeit in den Einrichtungen.
Die unterschiedlichen Bausteine machen ein Mehrgenerationenhaus aus – und davon profitiert auch die Arbeit in den Einrichtungen.
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