Rhein-Pfalz Kreis Der Künstler und die Kitschfigur

Schifferstadt. Über was hätten sich die österreichische Kaiserin Sisi und der Komponist Wolfgang Amadeus Mozart unterhalten, wenn sie sich gekannt hätten? Immerhin lebte die Kaiserin etwa 80 Jahre nach dem Komponisten. Bei einer szenischen Lesung in der Stadtbücherei Schifferstadt haben sich die beiden in der Gegenwart getroffen und erzählt, was sie von Gold, Madonna und dem Universum halten.

Mit „Habe die Ehre“ und einem zünftigen Zusammenschlagen der Hacken begrüßt Manfred Uhl als Wolfgang Amadeus Mozart die Zuhörer zu der szenischen Lesung. Ela Sommer alias Kaiserin Sisi begnügt sich dagegen mit einem freundlichen Nicken. Was in der Wirklichkeit nicht möglich war, passiert in der Stadtbücherei Schifferstadt: Sisi und Mozart unterhalten sich. In den zehn Dialogen des Autors Anton Balzun erklären sie sich gegenseitig Phänomene der Gegenwart wie den Fernseher oder Madonna, philosophieren über die Zeit oder den Wert von Gold. Gleich zu Anfang gesteht der Komponist, dass er gar nicht weiß, wer da vor ihm sitzt. Wie auch? Mozart lebte etwa 80 Jahre vor Sisi. Als Kaiserin hätte sie keine besondere Rolle in der Geschichte gehabt, gesteht diese freimütig. „Aber irgendwer hat mal einen Film über mich gedreht und seitdem bin ich eine Kitschfigur.“ Und sie beschwert sich: „Alle Welt redet über mich, aber keiner kennt mich.“ Mozart muss sich nicht vorstellen, Sisi kennt ihn und seine Musik. Allerdings hält sie ihn fälschlicherweise für den Erfinder der Mozartkugeln und fordert das Rezept. Am Ende jedes Treffens spielt Gaby Kiessling eine Komposition von Mozart auf der Zither wie die „Kleine Nachtmusik“ oder ein Lied aus der Oper „Die Zauberflöte“. Die Stücke hat Kiessling selbst für die Zither bearbeitet. Ganz der Komponist, spielt Uhl oft mit den Fingern mit oder lauscht mit geschlossenen Augen. Als notorischer Frauenheld dargestellt, überschüttet Mozart Sisi immer wieder mit Komplimenten und vergleicht ihre Augen mit „Sternen, die die Nacht erhellen“. Das bringt ihm ein scherzhaftes „Schleimer“ aus dem Publikum ein. Sisi dagegen gefällt die Aufmerksamkeit, auch wenn diese manchmal etwas derb ausfällt. Bei der Inszenierung kommen Uhl und Sommer ohne Requisiten aus − eine weiße Perücke und Spitzenkragen für den Musiker und ein großer Fächer für die Kaiserin reichen. Insgesamt sind die schnellen Wortwechsel witzig und gut gelesen. Nur mancher Themensprung in den Gesprächen gerät etwas groß, beispielsweise wenn es nahtlos vom Teilchenbeschleuniger zu Veilchen übergeht. Und auch die Frage, warum Mozart Madonna und den String-Tanga kennt, aber nicht weiß was ein Fernseher ist, bleibt ungeklärt. (soja)

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