Rhein-Pfalz Kreis Charme vergangener Zeiten

Die Lautsprecher sind noch aufzutreiben. Probleme bringen könnte in Zukunft fehlender Ersatz bei den Leitungen.
Die Lautsprecher sind noch aufzutreiben. Probleme bringen könnte in Zukunft fehlender Ersatz bei den Leitungen.

Die alte Ortsrufanlage gehört zu Duttweiler wie der Wein. Ihre Lautsprecher sind in dem Neustadter Ortsteil verteilt und sorgen seit Jahrzehnten – in ihrer nutzungsreichen Blütezeit nicht immer zur Freude aller Bürger – dafür, dass Dorfnachrichten schnell die Runde machen.

Damit immer wieder, wenn auch viel seltener als früher, die Erkennungs-Fanfare durchs Dorf wehen kann, sind Wartungen und Reparaturen nötig. Um passende Ersatzteile zu finden, braucht es mittlerweile Spürsinn. Als 1959 der Gemeindediener Franz Durm verabschiedet wurde, der noch seine Ortsschelle mit sonoren Bekanntmachungen durch Duttweilers Flur schallen ließ, herrschte in der noch selbstständigen Gemeinde trotzdem keine „Funkstille“. Damals hatten der ehemalige Gemeindeskretär und Chronist Karl Hirsch – von ihm stammt das Buch „Weinbaugemeinde Duttweiler“ – und der Bürgermeister Karl Syring gegen den Willen des Landrats, aber mit Zustimmung des Gemeinderats, durchgesetzt, dass Duttweiler durch eine Ortsrufanlage der Firma Siemens beschallt wird. Das Abschiedsbimmeln des Gemeindedieners klingelte in letzter Amtshandlung schon durch 36 Lautsprecher in die Dorfstraßen. Nach Erweiterungen in Neubaugebieten beschallen heute rund 60 Lautsprecher Duttweiler. Dass die Anlage, deren Anschaffung mehr als 11.000 Mark gekostet hatte, bis heute ihren Dienst tut, ist nicht zuletzt den ehrenamtlichen Bemühungen von Fans, späteren Bürgermeistern und – nach der Eingemeindung – Ortsvorstehern sowie Spendern zu verdanken. Denn die Stadt Neustadt zahlt dafür nichts. Zahlreiche Reparaturen hielten die Rufanlage meist einsatzfähig. Fiel sie etwa wegen Wackelkontakten aus, wurde es im Dorf bedauert und Info-Aushänge nur als notdürftiger Ersatz betrachtet. Aktuell plane er wieder Sanierungsarbeiten, erklärt Ortsvorsteher Gerhard Syring-Lingenfelder (FWG). „Leider steige ich nicht gern in die Höhe“, meint er. Das sei aber etwa in der Altdorfer Straße nötig. „Dort hängt zurzeit nur ein Lautsprecher am Gebäude 1a“, erklärt er. Die Kabel an der Straßenlampe, die im oberen Teil in einem Ring liegen, seien als Vorbereitung für zusätzliche Lautsprecher, die er bereits im Bestand habe, zur besser hörbaren Beschallung verlegt. Jetzt müsse man noch einen Arbeitstermin und einen Hubsteiger suchen. „Den Platz für Lautsprecher an den Häusern zu finden, ist nicht mehr so einfach wie in früheren Jahren“, erklärt Syring-Lingenfelder. Denn Hausherren, die ihre Fassade frisch saniert und isoliert hätten, schreckten vor Installationsbohrungen an der Hauswand zurück. Bei einem Ortstermin im November mit dem Gebäudemanagement der Stadt sei zudem die elektrische Sicherheit bemängelt worden. Daher müsse der Verstärker von der Verwaltung, wo sich das Mikrofon zur Übermittlung der öffentlich interessanten Dorfnachrichten befindet, nach außen verlegt werden. Während er die Lautsprecher, die heute beispielsweise noch in Bahnhöfen zum Einsatz kommen, problemlos habe besorgen können, gestaltete sich die Kabelbeschaffung schwierig. „Bei meiner letzten Suche im Internet vor etwa drei Jahren bin ich nicht mehr fündig geworden“, bedauert Syring-Lingenfelder. Benötigt würden UV-beständige Kabel mit Zugentlastung. Solche Kabel würden in der Regel für Telefonleitungen eingesetzt, aber kaum noch verbaut. Nur ein Ring sei noch im Lager, den er zufällig günstig habe kaufen können, als in der Südpfalz eine Telefonlinie abgebaut worden sei. Zwar könne man bei den zahlreichen technischen Möglichkeiten heutzutage grundsätzlich auf die Anlage verzichten, aber sie habe den Charme längst vergangener Zeiten, sei eine praktische, persönliche Ergänzung im Mediamix und eine Rarität. Erfunden hat Duttweiler diese Art der Mitteilungsübermittlung nicht. Sie kam früher in der ehemaligen DDR und in Württemberg zum Einsatz und wird heute noch in der bayerischen Gemeinde Pösing genutzt. Nachdem zuerst das Radio die Ortsrufanlage Duttweilers über seine Grenzen hinaus bekannt gemacht hatte, zeigte damals sogar die Deutsche Presseagentur überregionales Interesse, und ins Fernsehen war es dann nicht mehr weit. Gerade klebe er die zerbrochene Originalschallplatte der Ansagefanfare, meint Syring-Lingenfelder melancholisch. Nötig sei sie nicht mehr. Die Melodie – die Fanfare des Capriccio Italien von Pjotr Iljitsch Tschaikowski, opus 45 – sei digital gesichert.

Der Plattenspieler der Ortsrufanlage ist noch funktionstüchtig. Die Ansagefanfare ist mittlerweile auch digital gesichert.
Der Plattenspieler der Ortsrufanlage ist noch funktionstüchtig. Die Ansagefanfare ist mittlerweile auch digital gesichert.
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