Rhein-Pfalz Kreis Beraterin in allen Lebenslagen

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Speyer/Mutterstadt. „Zum Abschied gehört Aufräumen“, erklärt Angelika Geist. Bis zu ihrem letzten Arbeitstag am Montag hat die von Diakonie und Stadt Speyer beschäftigte Flüchtlingsberaterin gerichtet, gesichtet, abgelegt und geordnet. Für viele war die Mutterstadterin Vertraute und Beraterin in allen Lebenslagen.

Zwei Jahre lang hat sich Angelika Geist für die derzeit 19 erwachsenen Flüchtlinge und ihre 21 Kinder im Speyerer „Erlichhaus“ eingesetzt. Für sie und die dezentral untergebrachten Asylbewerber in der Stadt war sie Ansprechpartnerin Nummer eins. Mitten unter ihnen hat sie von ihrem kleinen Büro im „Erlichhaus“ aus die Fäden stets in der Hand behalten. Sie ist mit Kranken zum Arzt, mit Schwangeren zur Hebamme und mit Kindern in die Schule gefahren. Voller Hochachtung schildert sie den liebevollen Umgang der Familien miteinander in der beengten Unterkunft ohne Privatsphäre. „Davon kann man nur lernen“, betont Geist. „Das Wichtigste ist, den Menschen Zeit zu schenken.“ Davon ist sie und hat sie sich immer wieder überzeugt. Die 65-Jährige hat Brücken zwischen Behörden und Schutzsuchenden gebaut und Ehrenamtliche regelmäßig über rechtliche Gegebenheiten und kulturelle Unterschiede informiert. Sie hat den „Treffpunkt Asyl“ im der Gedächtniskirche angegliederten Martin-Luther-King-Haus aufgebaut und etabliert. Gerne hätte sie noch vor ihrem Ruhestand den Umzug des Treffpunkts ins Ägidienhaus begleitet. Darüber sei das letzte Wort noch nicht gesprochen, hofft sie auf gute Verhandlungsergebnisse für alle Beteiligten. „Mein größter Wunsch wäre ein ökumenisches Zentrum für Flüchtlingshilfe und Bedürftige mitten in der Stadt“, sagt die Katholikin. 324 Familien und Einzelpersonen habe sie in ihrer Speyerer Zeit beraten, beschreibt Geist den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit. Ihr „erster Beruf“, chemische Lebensmittelsachverständige, habe ihr bei der Bearbeitung ständig veränderter Flüchtlingsgesetze gute Dienste geleistet, sagt sie. In mehr als zwei Jahrzehnten Flüchtlingsarbeit hat Angelika Geist viel gelernt über kulturelle und Mentalitätsunterschiede, Sitten und Gebräuche in den Ländern, aus denen die Asylbewerber geflohen sind. Einige der Herkunftsländer hat sie privat bereits bereist, einige will sie in den kommenden Monaten und Wochen besuchen. „Marokko gehört auf jeden Fall dazu“, berichtet Angelika Geist von konkreten Plänen für den Ruhestand. Auch die Bratsche will sie häufiger als bisher spielen, sich um eine große Familie kümmern und malen, viel malen. Ebenso konkrete Vorstellungen hat die Neu-Ruheständlerin vom künftigen Ehrenamt im Heimatort Mutterstadt. „Hier werde ich ein weiteres Café Asyl aufbauen.“ Das neue Projekt habe sie bereits in Angriff genommen. Ehrenamtlich habe sie 1990 mit der Flüchtlingsarbeit begonnen, rechnet Geist 26 Jahre zurück. Damals habe sie den ökumenischen Arbeitskreis Flüchtlingshilfe im Ludwigshafener Stadtteil Mundenheim gegründet, Netzwerke aufgebaut und das erste „Café Asyl“ eröffnet. Auf ihre Initiative hin sind Anlaufstellen auch in Frankenthal, dem Rhein-Pfalz-Kreis und Bad Dürkheim entstanden. Zuvor hat sich die Mutter von vier eigenen und wechselnden Pflegekindern in ihrer katholischen Kirchengemeinde in Ludwigshafen engagiert. Fehlen werden ihr ganz sicher die Zuversicht der Flüchtlinge, die fröhlichen Stimmen, die ständig in ihr Büro gedrungen seien, die Kinder, die regelmäßig nachgeschaut hätten, ob „Frau Geist“ noch da sei und die allmorgendliche herzliche Begrüßung. „Die Menschen geben so viel Liebe zurück“, sagt Geist. „Wer das erfahren möchte, muss da hingehen, wo die Not am größten ist.“

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