Rhein-Pfalz Kreis Überraschende Funde

Die Funde aus einem frühen Stadium des heutigen Heßheim können sich sehen lassen: die Fundamente zweier mittelalterlicher Steinhäuser, Kindergräber, Keramik und eine metallene Pfeilspitze aus vorgeschichtlicher Zeit. Das Frauengrab sei „ein Mosaikstein, der die wenig bekannte Zeit des Frühmittelalters zwischen dem Ende des römischen Reichs und dem Hochmittelalter erhellt“, erklärt Archäologe Markus Ortlieb die Entdeckung. Zu den üppigen Grabbeigaben einer wohlhabenden Frau zählen unter anderem Haarnadeln, Fibeln (Gewandspangen), eine Kette überwiegend aus Glasperlen, Kamm, Messer, Glas- und Keramikgefäße sowie ein Spinnwirtel. Das ist das Schwunggewicht einer Handspindel. Es bewirkt, dass sich die Fasern zum Faden zusammendrehen. Normalerweise seien diese Wirtel aus Ton, doch dieser sei aus Bergkristall, einem Material, das in unserer Region nicht vorkommt. Das lässt nach Ansicht der Fachleute vermuten, dass die Siedler Handelsbeziehungen über Hunderte von Kilometern hinweg unterhielten. Ähnliche Funde seien sehr selten, betont Ortlieb. Die teils fragilen Grabbeigaben wurden in Gips gebettet und werden nun vorsichtig restauriert. Auch die Knochenreste seien in keinem guten Zustand. Die frühzeitliche Pfeilspitze fanden Grabungsleiterin Hannelore Kretzschmann und ihr Team in einer Grube zusammen mit Keramikscherben. Anhand der Form des Werkzeugteils könne man keine Datierung wagen, eher sei das bei Geschirr möglich, das ja der Mode unterworfen sei. Dadurch könne man eine vorgeschichtliche Besiedlung nachweisen, erklärt Ulrich Himmelmann, Leiter der Landesarchäologie Speyer. Den Zeitrahmen kann wohl erst die genauere Untersuchung eingrenzen. Der Fundort könnte in früheren Zeiten eine Hügelkuppe gewesen sein. Solche Kuppen waren wegen des Weitblicks als Siedlungsort begehrt. Möglich ist, dass die mittelalterliche Siedlung gewandert ist, aber auch, dass die Siedlung komplett aufgegeben wurde. Als Wüstung bezeichnen das die Archäologen. Nahe der Siedlung, auf einer Fläche von rund zwölf Quadratmetern, haben die Forscher noch 16 Gräber von Kindern und Jugendlichen sowie einem Neugeborenen entdeckt. Sie waren ohne Grabbeigaben. Die fein säuberlich freigelegten Skelette sind aufgrund des kalkhaltigen Bodens sehr gut erhalten. Ulrich Himmelmann vermutet „nach Süden hin“ weitere Gräber. Weil diese immer in der Nähe von Kirchen waren, könne man vielleicht auf Spuren einer kleinen Ortskirche stoßen. Allerdings ist der Grabungsrahmen begrenzt auf das Gebiet der Umgehungsstraße, und zwar in dem Teil, für den eine Voruntersuchung Funde relativ dicht an der Oberfläche vermuten ließen. Im weiteren Verlauf der Trasse lägen diese tiefer und sicher. „Mehr geht nicht“, sagt Himmelmann mit Verweis auf den Anlass der Notgrabung. Eine Überraschung seien zudem die Fundamente zweier Steingebäude gewesen, eines mit den Maßen neunmal sieben Meter. Himmelmann treibt die Frage um, ob diese zeitgleich mit den Holzhäusern gebaut wurden, oder ob es sich um zwei verschiedene Zeitphasen handelt. Steinreste gab es als grobe Fundamentbrocken, die Mauersteine wurden zur weiteren Verwendung in der steinarmen Gegend herausgerissen, Mörtelreste blieben zurück. Pfeilspitze, Scherben, Tierknochen werden nun weiter untersucht und natürlich die Skelette – unter anderem auf Alter und Geschlecht. Und was passiert dann mit ihnen? „Es gibt Fälle, da wurden die Knochen anschließend wieder bestattet, aber hier hat man ja wohl keinen Bezug zu den Toten“, vermutet die Grabungsleiterin. Eine Alternative seien gesegnete Räume in archäologischen Instituten. Auswerten, untersuchen, einen technischen Abschlussbericht verfassen – Ulrich Himmelmann zählt die nächsten Schritte auf. Dies nehme mindestens noch mal so viel Zeit in Anspruch wie die eigentliche Grabung. Danach müsse man einen Studenten finden, der sich der Heßheimer Grabungsergebnisse in einer Magisterarbeit annimmt. Bei Interesse an einer Ausstellung einiger Fundstücke sage die Landesarchäologie Speyer nicht Nein. Übrigens: Die Sorge aus der Voruntersuchung, in der Erde könnte eine Kriegsbombe ruhen, hat sich als unbegründet erweisen. Die Hinweise entpuppten sich als Ansammlung von Eisenteilen aus einem Graben aus dem Zweiten Weltkrieg. Dieser, so vermutet Ulrich Himmelmann, sei eher ein Schutz als eine Gefechtsstation gewesen.

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