Pirmasens Spannung geht durch den Magen

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Der Carolinensaal war am Donnerstagabend in eine Tapas-Bar verwandelt. 60 Zuschauer saßen an den Tischen und genossen angebratenen Saumagen in pikanter Tomaten-Salsa – und natürlich die amüsante Lesung von Gina Greifenstein. Dabei wurde eines offenbar: Auch Spannung geht durch den Magen.

Der Einstieg war prompt. Mordfall im pfälzischen Landau, serviert mit Grumbeere-Creme und Curry. Gina Greifenstein las aus ihrem dritten Pfalz-Krimi „Metzelsupp“, und schnell merkte man: Paula Stern, die aus dem Fränkischen nach Landau zugereiste Kommissarin, trägt authentische Züge. Wie Gina Greifenstein, die vor Jahren der Liebe wegen in die Pfalz kam, musste sie sich erst einmal mit der pfälzischen Sprache und der hiesigen Esskultur anfreunden. Die Grenzen zwischen Realität und Fiktion sind auch in anderer Hinsicht fließend. Die Veranstaltung in Ilbesheim, zu der die Kommissarin mit ihrem sie verehrenden Nachbarn geht, ist nichts anderes als ein sogenannter Cameo-Auftritt der Autorin im eigenen Roman. Die „Metzelsupp“ gefällt dem Pirmasenser Publikum, vielleicht, weil der Pfälzer Krimi nicht so brutal ist wie mancher Tatort. Es ist, als kenne man die Protagonisten mit ihren Macken. Zum Beispiel, wenn sich die Kommissarin aufbrezelt, um auszugehen, sie Probleme mit den Pumps hat, die Dienstwaffe das Abendtäschchen ausbeult und der Schlüssel nicht mehr reinpasst. Oder die Gedanken der Kommissarin, als sie die Nachricht vom Tod des Opfers überbringt. „Ein Glück ist sie nicht geschminkt“, überlegt sie, sonst würde die Maskerade verlaufen, wenn sie gleich zu heulen beginnt. Ohne großen Aufwand hat Greifenstein am Donnerstagabend das Publikum gewonnen; Lichterkette und Engelskostüm reichten aus, um die kurzen Kriminalgeschichten szenisch aufzupeppen. Für ordentlich „Suspense“ sorgte die Geschichte von den tödlichen Tapas. Gina Greifenstein saß auf einer kleinen Wolke und erzählte mit Engelsflügeln, Heiligenschein und unschuldigem Gesicht die Geschichte einer engagierten Jungunternehmerin, die eine Tapas-Bar eröffnen möchte, der aber eine spanische Kollegin zuvorkommt. „Kein Problem, ich will ja pfälzische Tapas anbieten“, denkt sie anfangs, doch dann bringt sie allein schon der Gedanke an ihre Konkurrentin regelrecht um. Mit vergifteten Fleischbällchen will sie sie aus dem Weg räumen. Letztendlich muss die Jungunternehmerin aber selbst dran glauben, weil sie vom Feigensenf der Rivalin nascht. Wenn das nicht Hitchcock-Manier ist. Um so mehr, als sie dem Publikum die kulinarischen Tatwaffen servierte: Fleischklößchen mit Feigensenf. Es stimmte einfach alles bei der für 2016 letzten Veranstaltung der Pirmasenser Bücherei, die Ulrike Weil liebevoll organisiert hat. Der intime Rahmen des schönen Carolinensaals, die persönliche Note, für die die Autorin sorgte, und die kleinen leckeren Snacks, die zur Lesung serviert wurden. Aber auch der Preis, denn der unterhaltsame Abend war zu einem Preis von nur zehn Euro zu erleben. Die Pirmasenser staunten nicht schlecht, als Gina Greifenstein in den Lesepausen in die Küche eilte und Büchereileiterin Ulrike Weil beim Servieren unter die Arme griff. Dem war aber nicht genug, denn sie servierte die Tapas-Köstlichkeiten nicht nur, sie hatte sie auch in der eigenen Küche zubereitet. Kein Wunder, dass Gina Greifenstein zwischen der einen und der anderen Lesung Zeit braucht. Einen Tag zumindest. Zum Geschirr spülen, Einkaufen und zum Kochen. Wenn man genau hinsieht, macht Gina Greifenstein nichts anderes, als ihre Bücher zum Klingen zu bringen, ihr Publikum mit dem Ergebnis ihrer kreativen Arbeit zu verwöhnen. Als Autorin liest sie ihre Geschichten, als Macherin von Kochbüchern bekommt das Publikum eine Kostprobe ihrer Rezepte. Einfach, aber genial. Wie der Pfälzer Quark, der sich hinter einem Tiramisu nicht zu verstecken braucht. Autorin, leidenschaftliche Köchin, Servicekraft. Gina Greifenstein ist eine wunderbare Entertainerin, die ihr Publikum in Bann zu ziehen weiß. Mit Genuss und lokalen Helden in heimischen Gefilden.

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