Pirmasens Leserbrief an die Lokalredaktion:

Im Zusammenhang mit dem Neuzuschnitt des Wahlkreises 48 (...) äußerte der Pressesprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Kreisgruppe Südpfalz, Ulrich Mohr, dass nicht wenige Wahlberechtigte in der Verbandsgemeinde Annweiler auf eine Stimmabgabe am 13. März verzichten wollten als stille und einzigverbliebene Möglichkeit, sich gegen Behördenwillkür zur Wehr zu setzen. Herr Mohr befürchtet, dass dem Queichtal eine Entmündigung in Verkehrsfragen drohe, da die aussichtsreichsten Landtagskandidaten Susanne Ganster / Thomas Weiner (CDU), Edeltraut Buser-Hussong (SPD) und Steven Wink (FDP) Befürworter des vierspurigen Ausbaus der Bundesstraße 10 sind. Die Äußerung von Herrn Mohr zur Wahl ist (...) vollkommen fehlplatziert und gibt ein falsches öffentliches Signal in Zeiten der geringen Wahlbeteiligung. Zunächst wirft er staatlichen Organen Willkür vor. In Zeiten, in denen Behörden fast unglaubliches im Bereich der Flüchtlingsunterstützung leisten, sind solche Äußerungen grundsätzlich fehl am Platz. Außerdem muss jeder Verantwortliche im Staat seine Entscheidungen gut überdenken, dafür „Gerade-Stehen“ und im Bedarfsfall auch die Konsequenzen seiner Entscheidung tragen. In diesem Zusammenhang von Willkür zu sprechen, halte ich für unüberlegt. Einen Wahlboykott als einzige Reaktionsmöglichkeit zu staatlichen Entscheidungen zu sehen, ist nicht nur falsch, sondern auch unbeholfen. Mir fallen auf Anhieb viele Möglichkeiten ein, mit denen man als „Otto-Normal-Bürger“ auf politische und staatliche Entscheidungen nicht nur reagieren kann, sondern auch aktiv mitgestalten kann: Unterschriftenaktion für ein Anliegen, Gründung einer Bürgerinitiative, Einreichen einer Petition, Gespräch mit Landtagsabgeordneten oder Teilnahme an politischen Sitzungen (...). Ich halte es für mehr als unverantwortlich, wenn eine Person, die im öffentlichen Leben agiert, Steilvorlagen für das „Nicht-Wählen“ gibt. Herr Mohr hat zwar nicht direkt dazu aufgefordert, sondern angemerkt, dass es vor dem beschriebenen Hintergrund in der Verbandsgemeinde Annweiler wahrscheinlich weniger Wähler geben wird, wobei mich hier interessieren würde, wieso er dies so genau einschätzen kann. (...) Auch wenn es keine direkte Aufforderung zum „Nicht-Wählen“ ist, halte ich seine Äußerungen für sehr gefährlich. Denn mancher unentschlossene potentielle Wähler, der mit sich hadert, ob er wählen geht oder nicht und die beschriebene Situation nicht einschätzen kann, fühlt sich vielleicht durch seine Äußerungen bestätigt, nicht wählen zu gehen. Ich kann nur jeden dazu ermutigen, wählen zu gehen, gerade in der heutigen Zeit, in der weltweit Unfriede herrscht. Ich möchte dazu animieren, dass jeder Bürger sein Recht auf Mitbestimmung wahrnimmt und die Entscheidung dazu nicht von Äußerungen irgendwelcher Pressesprecher abhängig macht. Freie und demokratische Wahlen sind eines der wichtigsten Grundrechte. (...) Ich kann den Ärger mit den Wahlkreisen schon nachvollziehen, aber man sollte in solchen Situationen nach rechtlichen Möglichkeiten, wie oben beschrieben, suchen und auch dafür kämpfen und nicht versuchen, Bürger zu manipulieren. (...) In jeder Partei gibt es nicht nur Verkehrspolitik, sondern auch andere Inhalte, die für die Bürger wichtig sind. Den massiven Protest aus der „Vorderpfalz“ gegen den B-10-Ausbau kann ich absolut nicht nachvollziehen. Ich respektiere es, aber halte den Protest für unverantwortlich. Ich verstehe nicht, was für Annweiler und Umgebung so dramatisch wäre, wenn beispielsweise die B 10 größtenteils unterirdisch verlaufen würde. Und dass der Landesbetrieb Mobilität bei Neu- und Ausbauten umweltverträglich und lärmschutzorientiert baut, müsste inzwischen jeder gesehen haben. Diese Bundesstraße 10 hat schon zu viele Tote gefordert, die mit einer vierspurigen Verkehrsführung vermeidbar gewesen wären. Ich möchte lieber nicht darüber nachdenken, was passiert, wenn in einem Tunnel bei Annweiler ein Lkw frontal in einen Pkw des Gegenverkehrs rast und auch noch Feuer fängt…

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