Podcast „Die Katastrophe von Ramstein“ Wären wir heute besser auf ein Unglück vorbereitet als 1988 in Ramstein?

Inzwischen gibt es gemeinsame Übungen mit deutschen Rettungskräften und denen der Air Base.
Inzwischen gibt es gemeinsame Übungen mit deutschen Rettungskräften und denen der Air Base.

Beim Flugtag 1988 stürzte ein Jet mitten in die Zuschauermenge, über 500 Menschen wurden vom brennenden Kerosin teils schwer verletzt. Bei diesem Anblick wollten Soldaten und Besucher unbedingt helfen. Was eigentlich die richtige Reaktion war, sorgte dafür, dass viele Verletzte stundenlang unversorgt blieben Menschen noch Tage später verzweifelt ihre Angehörigen suchten.

Von Rebecca Singer

Hinterher ist man immer schlauer. Stimmt das auch im Falle von Ramstein? Wenn es etwas Positives an Katastrophen gibt, dann, dass man daraus lernen kann. Das hat Klaus-Peter Wresch gesagt, einer der ersten Notärzte vor Ort beim Unglück von Ramstein. Er erinnert sich an chaotische Szenen, Menschen, die ihm verletzte Kinder in die Arme gedrückt haben und an viele Helfer, die anpacken wollten. Er versuchte, Struktur in die Situation zu bringen, doch es hatte sich schon etwas anderes gebildet: „Immer, wenn es kein Konzept gibt, entwickelt sich ein ,Scoop and Run’“, erklärt Wresch in der siebten Folge des Podcasts „Die Katastrophe von Ramstein“. Gemeint ist, dass Helfer und Soldaten versuchten, die Verletzten möglichst schnell abzutransportieren. Auf provisorischen Pritschen wurden sie zu Hubschraubern und Bussen getragen und zur nächsten Klinik gebracht.

An dieser Stelle finden Sie unseren aktuellen Podcast via Podigee.

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„So kamen über 300 Verletzte in drei Kliniken. Das sorgte zwar dafür, dass die Verletzten in relativ kurzer Zeit von der Air Base wegkamen. Doch das Chaos wurde in diese Kliniken verlagert“, sagt Wresch. Für die meisten Verletzten verlängere sich dadurch die Zeit bis zur Behandlung. Das führe zu Schockzuständen, die nicht mehr behandelbar seien, erklärt Wresch. Außerdem war die Verteilung der Verletzten chaotisch: Viele waren schwer zu identifizieren, weil sie keine Papiere bei sich hatten oder alles verbrannt war. So sind Menschen später auf der Suche nach ihren Angehörigen durch die Intensivstationen der Kliniken geführt worden, in der Hoffnung, ihre Angehörigen zu identifizieren.

Versuchte „Gehirnwäsche“

Auch Wresch hat solche Menschen begleitet. Diese Begegnungen haben in ihm den Wunsch geweckt, herauszufinden, was mit den Verletzten passiert ist – und er begann zu recherchieren. Davon erzählt er im Podcast. Und davon, wie der damalige Innenminister Rudi Geil versucht hat, ihm weiszumachen, dass seine Erinnerungen an den Tag falsch sind. Wresch vermutet, Geil habe Angst gehabt, dass man ihm die Verantwortung für etwaige Fehler hätte zuschreiben können. Für den Podcast konnte Geil leider nicht mehr befragt werden, da er bereits 2006 verstorben ist.

Etwa ein Jahr nach dem Unglück gab es dann keine Zweifel mehr am Ablauf der Geschehnisse. Dass bei der Rettung viel schiefgelaufen ist, war nicht mehr zu leugnen. Die Analysen von Wresch und seinen Kollegen wurden sehr wichtig: Denn nur, wenn man Fehler kennt, kann man sie in Zukunft verhindern.

Wer wird als erstes behandelt?

Auch der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Bernhard Vogel spricht im Podcast über Lehren aus Ramstein. „Vielleicht hat das Unglück dazu beigetragen, dass man sich von da an bei solchen Großveranstaltungen etwas besser vorbereitet hat“, sagt er. Dieser Meinung ist auch Peter Bradl. Er leitet das Institut für Rettungswesen, Notfall- und Katastrophenmanagement an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt und ist seit vielen Jahren im Rettungswesen tätig. Im Podcast erklärt er, was sich seit der Katastrophe von Ramstein getan hat.

Die Kurzfassung: Es gibt heute klare Konzepte für solche Großschadensereignisse, die in der Sanitäterausbildung gelehrt werden. Diese hat sich weiterentwickelt: Von einem etwa dreimonatigen Seminar wurde sie zu einer dreijährigen Ausbildung mit viel Theorie und Praxis. Es wird außerdem gelehrt, wie man schnell entscheiden kann, welche Patienten zuerst behandelt werden müssen und welche noch warten können. Das kommt zum Einsatz, wenn zu viele Verletzte vor Ort sind und nicht alle gleichzeitig behandelt werden können. Auch die Verteilung der Patienten erfolgt nach bestimmten Plänen, die die Kapazitäten der Kliniken berücksichtigen. Kurz gesagt: Vieles hat sich verbessert. Bleibt die Hoffnung, dass all das nicht so bald – möglichst nie – angewendet werden muss.

DER PODCAST

„Die Katastrophe von Ramstein“ erzählt in sieben Teilen alle 14 Tage von den Folgen des Unglücks. Kostenlos zu hören unter rheinpfalz.de/ramstein und auf allen gängigen Plattformen, zum Beispiel Spotify.

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