Mainz Missbrauchsstudie: Sexuelle Gewalt im Bistum Mainz jahrelang verschwiegen

5facc6001a8d3a4c

Fälle von sexueller Gewalt im Bistum Mainz sind jahrzehntelang verharmlost, verschwiegen und nicht angemessen verfolgt worden. Zu dem Ergebnis kommt eine am Freitag von dem unabhängigen Rechtsanwalt Ulrich Weber in Mainz vorgestellte Studie. „Das Bistum als verantwortliche Institution hat durch unangemessenen Umgang und mangelnde Kontrolle in vielen Fällen sexuellen Missbrauch begünstigt“, sagte Weber. Pfarrgemeinden hätten mit einer Solidarisierung mit Beschuldigten und der Diskreditierung von Opfern eine Aufklärung erschwert und weitere Vorfälle ermöglicht.

Im Rahmen der Studie waren rund 25.000 Seiten an Akten- und Archivmaterial untersucht worden und 249 persönliche, schriftliche oder telefonische Gespräche geführt worden. Nach einer statistischen Analyse waren für den Zeitraum von 1945 bis 2019 zunächst 657 Betroffene und 392 Beschuldigte ausgemacht worden. Dann wurde genauer geprüft, wie sich der jeweilige Tatbestand genau darstellt und wie plausibel der Fall erscheint. Letztlich blieben für die weitere Untersuchung 401 Betroffene und 181 Beschuldigte übrig.

Hart ins Gericht gingen die Verfasser unter anderem mit den früheren Mainzer Bischöfen Hermann Kardinal Volk (1962-1982) und Karl Kardinal Lehmann (1983-2017). Die Zeit unter Volk sei ein Schwerpunkt für Missbrauchstaten gewesen. Es sei vorrangig darum gegangen, kein öffentliches Ärgernis hervorzurufen. Ein Blick auf das Leid der Betroffenen sei nicht vorhanden gewesen. Lehmann habe den Umgang mit Fällen sexueller Gewalt nie als Chefsache angesehen. Es sei in den Lehmann-Jahren 2010 bis 2017 ein erheblicher Gegensatz zwischen seinem öffentlich-medialen Auftreten und der persönlichen Einstellung und dem persönlichen Handeln erkennbar gewesen. „Seinen mit eigenen Worten formulierten Anspruch für den Umgang mit sexueller Gewalt in der katholischen Kirche im Bistum Mainz hat er selbst zu keiner Zeit erfüllt“, sagte Weber.

x