Rheinland-Pfalz 35 Jahre nach Tschernobyl: Wild immer noch verstrahlt

Wildschweine bringen mitunter die höchste Belastung mit – weit über dem Grenzwert für den menschlichen Verzehr.
Wildschweine bringen mitunter die höchste Belastung mit – weit über dem Grenzwert für den menschlichen Verzehr.

Auch 35 Jahre nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl zeigen sich in Rheinland-Pfalz noch die Spätfolgen der Katastrophe. Am 26. April 1986 war ein Test in dem Atomkraftwerk außer Kontrolle geraten, Reaktor 4 explodierte. Eine radioaktive Wolke breitete sich von der damaligen Sowjetrepublik Ukraine über Weißrussland und Teile Russlands auch bis nach Westeuropa aus.

In Rheinland-Pfalz hat das Land die Gebiete Pfälzerwald und Hochwald (Hunsrück) ausgewiesen - in Teilen dieser Regionen muss jedes Stück erlegte Schwarzwild vor der Abgabe an den Verbraucher auf radioaktives Cäsium untersucht werden, wie das Landesuntersuchungsamt in Koblenz am Freitag mitteilte.

Immer wieder komme es vor, dass Schwarzwild wegen zu hoher radioaktiver Belastung nicht in den Verkehr gebracht werden darf. „Im Jagdjahr 2020/2021 - ein Jagdjahr geht von Anfang April bis Ende März des Folgejahres - ist dies nach den bislang vorliegenden Zahlen bei 75 von insgesamt 1767 untersuchten Tieren der Fall gewesen“, hieß es.

Der höchste gemessene Wert lag bei diesen Proben bei 7752 Becquerel pro Kilogramm Wildschweinfleisch. Zum Vergleich: Der Grenzwert für radioaktives Cäsium liegt bei 600 Becquerel pro Kilogramm.

Die Spätfolgen der Atomkatastrophe ist im Fleisch von Wildschweinen besonders deutlich messbar. Auf Waldböden gelangt das dort gebundene radioaktive Cäsium durch Wurzeln in Pflanzen. Daher können auch im Wald wachsende Pilze eine erhöhte Belastung mit Cäsium aufweisen.

Wildschweine wühlen als Allesfresser einen erheblichen Teil ihrer Nahrung aus dem Boden und nehmen dabei hoch radioaktiv belastete, für Menschen ungenießbare Hirschtrüffel auf. Dieser unterirdisch wachsende Pilz reichert Cäsium besonders gut an.

Aber nicht nur Wildschwein steht unter Beobachtung, sondern auch alle möglichen in Rheinland-Pfalz erzeugten Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Fleisch und Milch. Etwa ein Jahr nach der Katastrophe wurde das bundesweite Integrierte Mess- und Informationssystem zur Überwachung der Umweltradioaktivität eingeführt. Damit soll sichergestellt werden, dass auch kleinste Veränderungen der Radioaktivität in Lebensmitteln festgestellt werden können.

Bei diesen Proben wurden in den vergangenen Jahren keine Überschreitungen des Grenzwertes festgestellt. Dies ist nach Angaben des LUA dadurch erklärbar, dass auf landwirtschaftlich genutzten Flächen radioaktives Cäsium so fest im Boden gebunden ist, dass es nicht mehr von den Pflanzen aufgenommen und damit in die Nahrungskette kommen kann.

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