Neustadt Zustimmung mit Kritik

Der von Oberbürgermeister Marc Weigel (FWG) vorgelegte Haushalt für 2019 wurde in der gestrigen Stadtratssitzung mit großer Mehrheit angenommen. Die Fraktionsvorsitzenden ließen es sich aber nicht nehmen, in ihren Haushaltsreden auch kritische Worte zu äußern.

CDU: „Kräftiger Schluck“

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Clemens Stahler nennt es „bemerkenswert“, dass der neue Oberbürgermeister einen Haushalt vorlegt mit der höchsten Neuverschuldung seit 2010. Der Schuldenstand nähere sich wieder der 100-Millionen-Grenze. Man begrüße allerdings, dass 180.000 Euro für Fahrbahnteiler, Verengungen und Tempomessanlagen vorgesehen seien. Auch der barrierefreie Umbau der Bushaltestellen für 400.000 Euro sei ein wichtiger Schritt. Die schnelle Vermarktung des ehemaligen Festplatzes als Gewerbegebiet sei ein Beispiel dafür, wie Kommunalpolitik schnell Akzente setzen könne. Negativ sei, dass sich Marc Weigel nicht habe mäßigen können und mit 44 neuen Stellen einen kräftigen Schluck aus der Pulle nehme. Das sei bei der Verkehrsplanung oder der Bauordnung gerechtfertigt, die zusätzlichen Stellen für Pressearbeit und Social Media im Büro des Oberbürgermeisters bereiteten ihm aber Bauchschmerzen. Man stimme aber aus Verantwortungsbewusstsein dem Haushalt zu. FDP: „Des Guten zu viel“ Als einzige Fraktion lehnte die FDP den Haushaltsentwurf ab. Zwar enthalte der Haushalt wichtige Zukunftsthemen für die Stadt und die Weindörfer. Und sicherlich gebe es eine Reihe von Abteilungen mit erhöhtem Personalbedarf. Aber dass Weigel 44 neue Stellen in der Stadtverwaltung schaffen wolle, sei „des Guten einfach zu viel“, sagte Fraktionsvorsitzender Matthias Frey. Die Verschuldung der Stadt habe in den letzten Jahren durchschnittlich bei 90 Millionen Euro gelegen, nun kratze man wieder an der 100-Millionen-Grenze. Und in den folgenden Jahren liege man sogar darüber. „Das kann man nicht allein damit begründen, dass wir für die Zukunft investieren wollen“, so Frey. Man zeige mit dem Finger auf die Vergangenheit, als zu kräftig investiert worden sei, und erhöhe nun die Schulden mit den gleichen Argumenten: „Das ist nicht nachhaltig.“ Die FDP habe sich gefragt, ob sie das verantworten können: „Und wir haben die Frage für uns eindeutig mit nein beantwortet.“ FWG: „Überlegt investieren“ „Unsere grundsätzlichen Forderungen sind im Haushalt enthalten“, sagte FWG-Fraktionsvorsitzender Christoph Bachtler. Deshalb verzichte man auf eigene Anträge und stimme geschlossen zu. In den 1970er-Jahren sei in Neustadt manches Prestigeprojekt verwirklicht worden, allerdings habe man damals nicht nachhaltig gehandelt. Dann sei die Zeit des Sparens angebrochen: Unter Oberbürgermeister Jürgen Weiler habe Neustadt mit seinem Sparkurs bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Aber auch das sei keine nachhaltige Vorgehensweise gewesen. Denn es sei kein Geld für Investitionen übrig geblieben. Die Freien Wähler hätten den Sparkurs lange Zeit mitgetragen. Man könnte auch 2019 „eine rote Null hinbekommen“, so Bachtler. Aber sparsam sei nicht gleich ökonomisch. Die Mittel müssten überlegt investiert werden, damit sie sich langfristig bezahlt machten. Zusätzliche Stellen erhöhten die Schlagkraft der Stadtverwaltung, sagte Bachtler und warb nachdrücklich für eine Zustimmung zu diesem Haushaltsentwurf. Grüne: „Ein mutiger Versuch“ „Der OB langt zu“, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzender Kurt Werner mit Blick auf 44 neue Stellen und eine Neuverschuldung um „die gigantische Zahl von 9,2 Millionen Euro“. Er müsse zugeben, dass er sich bei der Lektüre des Haushaltsentwurfs gefragt habe, ob das alles so sein müsse, sagte Werner. Letztlich stimmten die Grünen dennoch einstimmig zu. Denn überall höre man Klagen, wie langsam die Dinge in Neustadt vorangingen und dass zusätzliches Personal fehle, um beschlossene Maßnahmen auch umzusetzen: Der Haushaltsentwurf sei ein „mutiger Versuch, diesen Gordischen Knoten wenn nicht zu zerschlagen, ihn doch ein wenig aufzudröseln“, sagte Werner. Er begrüße es zum Beispiel, dass die Verwaltung den Flächennutzungsplan mit eigenem Personal aufsetzen wolle. Es bleibe zu wünschen, dass sich die Mehrausgaben dann aber auch tatsächlich positiv auf viele Bereichen auswirkten: zum Beispiel mehr Bürgernähe, Abbau des „unerträglichen Staus von regelrechten Projekthalden“ sowie eine verstärkte Bau- und Investitionstätigkeit. SPD: „Trendwende überfällig“ Der SPD-Fraktionsvorsitzende Pascal Bender nennt ein „Mehr an Personal“ unstrittig. Die Stadtverwaltung sei in der Vergangenheit „kaputt gespart worden“, die Trendwende überfällig. Neustadt stehe nach Jahren der Stagnation, des Aussitzens und der Reformunwilligkeit vor einem Neuanfang. Der neue Oberbürgermeister Marc Weigel beschäftige sich damit, diese Altlasten anzupacken. Im Mittelpunkt müsse dabei stehen, neue Gewerbeflächen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die geplanten Investitionen für den Ankauf von Flächen für Gewerbe und eine Landesgartenschau in Höhe von 5,8 Millionen Euro seien gerechtfertigt. Ebenso die 1,8 Millionen Euro für zusätzliches Personal. Eine Stadt, die sich auf qualifiziertes Personal stützen wolle, müsse auch gute und faire Entlohnung sicherstellen. Die Diskussion um bezahlbaren Wohnraum müsse vor allem offen, ehrlich und umfassend geführt werden. Das heißt aber, „dass am Ende nicht die Konzentration in einem Stadtgebiet zunimmt und andere sich aus der Verantwortung entziehen“. Die Politik müsse dafür sorgen, dass Wohnen in Neustadt nicht zum Luxus werde. Auch Investitionen in Kitas und Schulen seien dringend: „Je attraktiver die Stadt für junge Familien ist, desto mehr Geld fließt auch in Form von Einkommensteuer in die Kassen zurück.“

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