Neustadt Visitation: Kirchenpräsidentin erlebt gleich zwei Premieren

Begrüßte die Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kirche in der Stiftskirche zum „Abend der Begegnung“: Kirchenpräsidentin Doro
Begrüßte die Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kirche in der Stiftskirche zum »Abend der Begegnung«: Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst.

Was verbindet Kirche und Kommunen? Reicht es aus, seinen Protest herauszuschreien, ohne nach Lösungen zu suchen? In der Neustadter Stiftskirche wird am Freitagabend über vieles gesprochen. Ein Landrat sorgt für eine Überraschung.

Für Dorothee Wüst, Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche der Pfalz, gibt es an diesem 7. Juli gleich zwei Premieren. Zum ersten Mal ist 58-Jährige im Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz in Mußbach zu Gast. Zum ersten Mal besucht sie die Wichern-Werkstätten für Menschen mit psychischer Behinderung in Haßloch. Beide Stippvisiten seien „ein großer persönlicher Gewinn“ gewesen, sagt sie später beim Abend der Begegnung in der Neustadter Stiftskirche.

Hier in Mußbach und dort in Haßloch wird aus Sicht der Kirchenpräsidentin das geleistet, was heute nicht mehr selbstverständlich sei. Gemeinsam nach Lösungen zu suchen – sei es im Weinbau, sei es, um Menschen mit Handicap die bestmöglichen Chancen zu bieten. Genau darauf, „auf die konstruktive Kraft des Miteinanders in der Gesellschaft“, komme es auch beim Gestalten der nicht einfachen Zukunft an. Bei der Antwort auf die Frage, ob die Menschen diese selbst steuern oder nur überleben wollen. Und wer sich im letzteren Fall um die Verlierer kümmern würde.

Neugieriges Kennenlernen

Gemeinsam ist auch der Grundgedanke einer Übung, die Dorothee Wüst und weitere Mitglieder des Landeskirchenrats, sozusagen die Zentralverwaltung der Landeskirche mit Sitz in Speyer, noch bis einschließlich Montag ins Dekanat Neustadt führt. Offiziell heißt diese Übung „Visitation“, und sie soll dem Miteinander in der Kirche dienen, dem laut Wüst „neugierigen Kennenlernen“, dem Austausch. Denn niemand könne für sich allein Christ sein, auch eine Gemeinde nicht.

Was die konstruktive Kraft des Miteinanders bewirken kann, auch wenn es erst im zweiten Anlauf klappt – dafür gibt der Dürkheimer Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld, selbst engagiertes Mitglied der Landeskirche, an diesem Abend ein tagesaktuelles Beispiel. Demnach haben sich – auf Initiative der Pfälzer Landräte – Kommunen und Kirchen in der Pfalz nun doch auf eine Finanzierungsregelung bei den Personal- und Sachkosten für die Kindertagesstätten in freier Trägerschaft verständigt. Nun solle die Lösung auf alle Landesteile übertragen werden.

Kultur und Kirche

„Auch wenn uns Sachzwänge trennen, müssen wir zu einem Ergebnis kommen“, so Ihlenfeld. Schließlich säßen Kirchen und Kommunen im selben Boot, müssten jeweils viel Kritik aushalten, nur dass man zwar aus der Kirche, nicht aber aus einer Kommune austreten könne.

Den Bogen zwischen Kirche und Kommune schlägt auch Georg Kern, Kreisbeigeordneter von der Südlichen Weinstraße. Er erinnert daran, dass weder der Glaube, noch das demokratische Gemeinwesen von der jeweiligen Tagesstimmung abhängen dürften. Ein dickes Lob spendet derweil Neustadts Bürgermeister Stefan Ulrich dem Dekanat. Ohne den Einsatz seiner Haupt- und Ehrenamtlichen wäre die Kulturszene um vieles ärmer, gäbe es keinen „Lichtblick“ und keine kirchlichen Kitas.

Feinsinniger Humor

Einen Beweis in Sachen Kultur hatten da bereits Bezirkskantor Simon Reichert an der Orgel und das Neustadter Posaunenquartett geliefert. Einen Beweis für seinen feinen Humor hingegen der katholische Dekan Michael Paul. So hoffte er zum einen, dass der Besuch aus Speyer als Zeichen wahrer Gastfreundschaft bislang gut bewirtet worden sei. Und dass sich die Gäste umgekehrt gut benähmen, ihren Kollegen in den protestantischen Kirchengemeinden aufmerksam und auf Augenhöhe zuhörten. Ob er daran Zweifel hatte? Die Erklärung folgte auf dem Fuß: „Wissen Sie, wir Katholiken sind mittlerweile so, dass wir immer, wenn wir Speyer hören, etwas sagen müssen.“

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