Neustadt So klang’s bei den Bachs zu Hause

«Neustadt-Mussbach.» „Virtuose Tastenkunst“ wird vieler Orten geboten. Etwas Besonderes war aber am Sonntagnachmittag das Konzert von Miklós Spányi in der Parkvilla des Herrenhofes, bei dem historische Instrumente den Ton angaben. Der in Neustadt lebende, international gefragte Experte für alte Tasteninstrumente gab eine gut zweistündige Kostprobe seines Könnens auf dem Clavichord und dem Cembalo. Er beschrieb ebenso die Blütezeit dieser Instrumente, die ab 1790 vom „Hammerklavier“ abgelöst wurden, wie auch spezielle Spieltechniken.

„Das Clavichord ist sehr leise, es wurde gerne im häuslichen Umfeld eingesetzt, taugte aber wenig für Aufführungen in Sälen“, erläuterte Spányi. „Allerdings bietet es viel mehr Möglichkeiten als das Cembalo, Solostücke in ihren unzähligen Farben und feinen Schattierungen aufzuzeigen.“ Um die 25 Besucher der Herrenhofvilla auf das Niveau der Lautstärke einzustimmen, gibt er ein kleines improvisiertes Intro, ehe er das Programm beginnt und die Sonate g-Moll von Johann Gottfried Eckhard, einem Zeitgenossen von Joseph Haydn, spielt. Auf seinem viersaitig bespannten Instrument, 1999 von Joris Potvlieghe nach historischen Vorlagen gebaut, beginnt die Sonate zunächst filigran. Die Konzertbesucher müssen sich erst auf die leisen Töne einlassen, denn die Klänge erfüllen den Raum nur verhalten, eben ganz anders als ein Konzertflügel. Doch bald platzt der Knoten, man ist erstaunt über die wunderschön ineinander übergleitenden Läufe, die ohne Klavierpedal auskommen müssen. Die hohen Stimmen flirren und flattern in rasantem Tempo, während die Bassstimme schnarrende Kontrapunkte setzt. Eckhards Komposition steht, so wird deutlich, Sonaten Mozarts in nichts nach – obgleich von ihm nur neun Klavierwerke erhalten sind und er selbst nach seinem Tod in Vergessenheit geriet. „Das ist das Los vieler sehr guter Komponisten, manche sind uns heute gar nicht mehr bekannt“, bedauert Spányi. Mit gefälligem Charakter steigt danach das tänzerische Allegro der G-Dur-Sonate von Joseph Haydn ein. Es führt von Dur nach Moll und zurück und bezaubert mit rhythmischen Finessen. Spányi entlockt dem von Natur aus leisen Clavichord sogar noch zartere Töne. Von den dynamischen Steigerungsmöglichkeiten des Instruments mit viereinhalb Oktaven überzeugt der Solist beim Prestissimo, dem letzten der drei Sätze. Im Eigenversuch erfahren klaviererfahrene Besucher in der Pause und nach dem Konzert, wie schwierig es ist, dem Clavichord ansprechende Töne zu entlocken. „Die Spieltechnik trainierte die Schüler, so dass für sie auch die Bedienung von Cembalo oder Orgel anschließend kein Problem darstellte“, erklärt der Experte. Im Kontrast hierzu steht das dreisaitig bespannte Cembalo, das zudem über drei Register für unterschiedliche Saitenkombinationen verfügt. Schnell stellen sich die Ohren der Besucher hier auf eine ganz andere Lautstärke ein. Spányi spielt zunächst Werke von Carl Philipp Emanuel Bach, auf dessen Musik er sich in seiner Forschungsarbeit und als Interpret spezialisiert hat. Die „Preußische Sonate“ in C-Dur beginnt mit einem Allegro, wobei Echoeffekte durch den Wechsel der Register betont werden. Das langsame Andante zeigt auf, wie schwierig es ist, Töne auf dem Instrument lange nachklingen zu lassen. Sobald man die Tasten verlässt, herrscht Stille. Abhilfe verschafften die Komponisten damals durch viele Vorschlagnoten, Verzierungen und Triller. Das Allegro Assai lässt hingegen keinen Raum für Pausen, temporeich gleitet Spányi über die Tasten und endet mit einem fulminanten Finale. Die „Französische Suite“ in G-Dur von Johann Sebastian Bach habe dessen Sohn Carl Philipp Emanuel bestimmt schon in jungen Jahren üben müssen, merkt der Solist an. In sieben Tänzen, von der Allemande bis zur Gigue, verarbeitet Bach Senior hier mehrere Themen in allerlei Variationen. Satzformen und Tempi wechseln ebenso wie Tonarten und dynamischer Ausdruck. Am besten gefallen die temporeichen Teile, bei denen die Finger des Solisten, einem aufgezogenen mechanischen Uhrwerk gleich, über die Tasten rasen – nur eben schöner und ausdrucksvoller. Dem Klangerlebnis in der Villa zollt das Publikum anhaltenden Beifall, Spányi bedankt sich für die Anerkennung durch Zugaben aus seinem reichhaltigen Bach-Repertoire.

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