Neustadt Schöner altern mit Humor

Neustadt. „Du kommst auch noch dran“: Dieses Versprechen oder diese Drohung konnten Judith Kauffmann und Friedolin Baudy am Sonntagabend in der Villa Böhm nicht ganz einhalten. Dafür war der Andrang zu groß bei der szenischen Lesung anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Freilichttheaters im Park der Villa Böhm.

Der kleine Raum reichte nicht für das große Interesse des Publikums. Bei der Lesung ging es ums Älterwerden. Natürlich kommt man mit dem Altwerden dran, wenn man nicht jung stirbt. Das Publikum bestand freilich nicht nur aus Leuten, die in diesem Sinne bereits dran waren, sondern auch aus etlichen, die noch reichlich Zeit hatten. Wie unterhält man ein Publikum mit einer szenischen Lesung, mit einem solchen Thema, wenn man wenig Platz hat und eigentlich nur an einem Tisch sitzen und zitieren kann? Friedolin Baudy und Judith Kauffmann brachten die winzige Bühne in Bewegung . Sie kamen mit ganz wenigen Requisiten aus. Sie verwandelten sich in Udo Lindenberg – Sonnenbrille und Hut, aber vor allem Stimme und Körperhaltung machten sofort klar, um wen es sich hier handelt –, in Julia mit schwarzer Langhaarperücke, in Romeo mit einer roten Samtjacke. Dieser Romeo war allerdings nicht der aus Shakespeares Stück, sondern eine Phantasiegestalt: Wie wäre die Ehe von Romeo und Julia verlaufen, wenn sie sich im jugendlichen Alter nicht selbst entleibt hätten, sondern zusammen alt geworden wären? Sie gingen sich auf die Nerven – ähnlich wie das Paar bei Loriot: Er will in Ruhe nur da sitzen und sie macht ihm ständig Vorschläge und Vorwürfe. Als Verkleidung reicht bei Baudy hier eine Loriot-Pappnase. Zusammen alt werden kann zwar unterhaltsam sein, aber nicht immer lustig, außer natürlich für das Publikum. Schwarzer Humor und gezielter Sarkasmus kennzeichnet das Verhalten der beiden Bühnenfiguren zueinander. Kauffmann trägt ein Lied vor, mit hörbar erkälteter Stimme, „War schlechter ist als man denkt“ ist Baudys fiese Bemerkung, aber im anerkennenden Ton gesprochen. Er selbst setzt sich öfters ans Keyboard und singt dazu besinnliche Lieder wie das der Beatles, wo es um die Frage geht, ob man als älterer Mensch noch geliebt werden wird. Auch um Wortbedeutungen ging es. Eine ältere Frau sei, so Kauffmann, jünger als eine alte Frau. Diese verquere Sprache offenbare ein verqueres Verhältnis zum Altsein. Alt und hinfällig sein, das wollen die beiden aber nicht, sie sind ja nicht alt, nur „älter“. Kauffmann klettert auf den Tisch und macht dem staunenden Publikum vor, wie sie aus ihrem kleinen Zelt klettert, Baudy legt sich mit Yogadecke auf den Tisch und führt den „Toten Mann“ und dann einen Kopfstand vor. Die Texte stammen mit Vorliebe von Shakespeare und Robert Gernhardt, aber auch der „Alte Holzmichel“ wird nicht verschmäht. Eine unterhaltsame Mischung aus Grobem und Feinem, aus alten und neuen Witzen sowie aus Zitaten aus König Lear zeigen, dass man auch als älterer Schauspieler den jungen Leuten noch was vormachen kann.

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