Neustadt Loopings mit dem Saxophon

Neustadt. Dies ist kein übliches Blasorchester, nicht nur, weil der Dirigent mit „Herr Oberstleutnant“ angesprochen wird und das Konzert mit der Nationalhymne endet. Nein, auch qualitativ sticht das Musikcorps der Bundeswehr heraus, das am Donnerstag im ausverkauften Saalbau sein 34. Benefizkonzert in Neustadt gab.

Staatlich zugewiesene Aufgabe dieses Orchesters ist die Repräsentation der deutschen Streitkräfte auf den Konzertbühnen des In- und Auslandes („Vor einer Woche haben wir noch vor Kate und William gespielt“, informierte Dirigent Christoph Scheibling), und der Protokollarische Ehrendienst mit Schwerpunkt in Bonn und dem westlichen Teil der Republik. Und die Damen (ja, auch Damen gehören dazu, in „Gesellschaftsuniform“ aus langem Rock und kurzer Uniformjacke) und Herren erfüllten ihre Repräsentationspflicht auf der Bühne des Saalbaus nicht nur mit viel musikalischem Können, sondern auch mit reichlich Witz und offensichtlichem Spaß an der Sache. Zur Einleitung gab es einen klassischen Militärmarsch, „Hoch Heidecksburg“, im Jahr 1912 komponiert, und falls er den Zuhörern sehr vertraut erschien, ist das kein Wunder, er ist die Titelmusik der „Feste der Volksmusik“ in der ARD. Ganz klassisch wurde es dann mit der „Karneval-Ouvertüre“, 1891 von Antonin Dvorák komponiert. Die Musik präsentierte sich übersprudelnd heiter und temporeich, was Flötisten und Klarinettisten so einiges abverlangte. Vor kurzem hat das Musikcorps eine CD mit deutschen Volksliedern eingespielt, als Kostprobe daraus gab’s „Am Brunnen vor dem Tore“. Die Musiker spielten es sehr romantisch, mit einer Blockflöte als führendem Melodie-Instrument, aber auch mit leisem Schlagzeug-Einsatz, wie es heute zu einer der volkstümlichen Musiksendungen passen würde. Abschluss des ersten Programmteils vor der Pause waren drei Griechische Tänze des zeitgenössischen britischen Komponisten Adam Gorb. „Syrtos“ ist ein Männertanz mit stark von der Trommel betonter, wilder Rhythmik, er soll, laut Scheibling, an das Stampfen des Minotaurus erinnern, „Tik“ ist dafür ein reiner Frauentanz, der sich mit der Melodie einer einzelnen Flöte, von einer Handtrommel begleitet, entwickelt und am Ende langsam wieder verklingt. Beim abschließenden „Sirtaki“ flogen die Scherben: Der Perkussionist zerdepperte, streng im Rhythmus, vier Teller, und dann zum Schlussakkord noch einen hinterdrein – das machte nicht nur den Zuhörern Spaß. Der junge Augsburger Saxophonist Christian Elin – kein Soldat – war der Solist des Abends und spielte zusammen mit dem Orchester das dreiteilige Werk „Birds“ des zeitgenössischen japanischen Komponisten Toshio Mashima, der vor allem für Bläser arbeitet. In einer Art von Hörbildern, deutlich jazzig beeinflusst, wurden die Schwalbe, überbordend fröhliche Loopings fliegend, die Möwe, dahingleitend über dem Wasser, und der mythische Vogel Phönix, ernst und feierlich, charakterisiert. Christian Elin lieferte auf dem Saxophon nicht weniger elegante, virtuose Loopings. Sehr international war der „Marche des soldats de Robert Bruce“ von Jean Brouquières: ein französischer zeitgenössischer Marsch, der allerdings sehr schottisch klang, zu Ehren eines schottischen Königs, der im 14. Jahrhundert die Unabhängigkeit seines Landes erkämpfte. Das Ende des offiziellen Programms war ein Medley irischer Melodien, zusammengestellt vom „hauseigenen“ Arrangeur, Orchestermitglied Guido Rennert, bei dem „Lord of the Dance“ Pate stand, und „weil unser Orchester das mit dem Stepptanz auf der Bühne nicht so hinkriegt“, klopften dafür die vier Perkussionisten mit Hämmerchen auf Bretter, mindestens ebenso rasend schnell und zur großen Begeisterung der Zuhörer. Zwei Zugaben gab es vor der Nationalhymne, die das Publikum stehend mitsang.

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