Neustadt Kabarett für guten Zweck

Schrill, schriller, Annette Postel: Die Meister-Chanteuse zelebrierte auch in Mußbach wieder Tragik und Tiraden mit viel Witz un
Schrill, schriller, Annette Postel: Die Meister-Chanteuse zelebrierte auch in Mußbach wieder Tragik und Tiraden mit viel Witz und höchstem gesanglichem Niveau.

«Neustadt-Mussbach.» „Ausverkauft“ hieß es am Mittwochabend bei der 21. Benefiz-Gala der Tagesbegegnungsstätte „Lichtblick“. „Großes Kabarett“ mit Arnim Töpel, Lars Sörensen und der Chanteuse Annette Postel lockte fast 400 Zuhörer in den Festsaal des Mußbacher Herrenhofs, die damit nicht nur für ihr eigenes Vergnügen sorgten, sondern zugleich das soziale Projekt unterstützten, das sich um wohnungslose und benachteiligte Menschen in Neustadt kümmert.

„Gott zum Gruß, hier lebt der Blues“, ist das Motto des Musikkabarettisten Arnim Töpel, der auch gern als Philosoph unter den Kabarettisten bezeichnet wird. Der Tiefsinn entsteht bei ihm hauptsächlich aus dem Spiel mit der Sprache, dem Wechsel zwischen Kurpfälzer Dialekt und Hochdeutsch, den der in Walldorf aufgewachsene Ex-SWF-Radiotalker perfekt beherrscht. In seinen Krimis wie „De Schorle-Peda“ zum Beispiel, aus dem er an diesem Abend auch einen Auszug bot. Wie hier aus dem Kontrast zwischen seinem „Mundart-Alter-Ego“, dem Kommissar „de Günda“, und dessen ziemlich gestelzt daherkommendem, norddeutschen Assistenten Fritjof Freese Funken geschlagen werden, ist einfach klasse. Dazu kommen Töpels Kurpfälzer Blues-Songs wie „So isch das Lewe, es werd nit hewe“, sinnige Gedanken über Kosewörter im Pfälzischen, wobei dann „moi Herzgebobbeldi“ zum persönlichen Favoriten erkoren wird, und eine Nummer über ein Mundart sprechendes Navi, das mit Erklärungen wie „nuff, nunner, niwwer“ für Lachsalven im Saal sorgte. Der aus Bob Dylans „Just like a woman“ entwickelte Song „Wie een kleener Bu“ bot dann erneut ein Beispiel für jene „musikalische Klasse und sprachliche Eleganz“, die Töpel unter anderem schon den Deutschen Kleinkunstpreis eingebracht hat. Ganz soweit ist Lars Sörensen auf der Kabarett-Karriereleiter und damit auch in Sachen Popularität noch nicht aufgestiegen. Freunde des Hambacher „Theaters in der Kurve“ kennen den „Fischkopp“ aber bereits, denn dort leitet er schon seit 2013 bei freiem Eintritt sechsmal pro Jahr die „Offene Bühne“ mit dem Titel „Herr Sö und so“ (so auch heute, Freitagabend, ab 20 Uhr wieder). In diesem Jahr hat er nun sein erstes Solo-Programm auf die Bühne gebracht, aus dem er an diesem Abend einige Schmankerl servierte. Sörensen ist in Husum geboren, dem „Land der Horizonte“ („Da ist nämlich nichts!“). Er kalauerte über seine Integration in der Pfalz, die 1998 mit der Auswanderung nach Germersheim begann. Er habe sich damals gefragt, ob „die dort Deutsch reden oder ob es ansteckend ist“ und konstatierte, dass man die übliche Begrüßungsformel „Wie geht es dir?“ in der Pfalz zu „Unn?“ verkürzt habe. Die Antwort laute dann „S`isch nimmi so!“ Gewürzt mit norddeutschem Charme, erfrischender Selbstironie und bissigem Witz bot er auch einen Einblick in sein privates Heldenkabinett: Manche seiner Heroen tragen ein Cape, andere eine Gitarre und wieder andere sehr viel Verantwortung … Den krönenden Abschluss des Abends bot die klassisch ausgebildete Sopranistin Annette Postel, die mit viel Witz Liedern aus den „Golden Twenties“ neues Leben einhauchte und unterstützt von Peter Schnur, ihrem ausgezeichneten Begleiter am Piano, zwischen geschliffenen Chansons und komischen Parodien hin und her pendelte. Sie fragte den August, wo denn seine Haare geblieben seien, wünschte sich einen Neandertaler als Mann, gab die „Donna Clara“ als Grammophonstimme. Sie brillierte als schüchterne „Carmen“, schäkerte mit dem Publikum, plauderte aus dem Nähkästchen, zelebrierte Tragik und Tiraden und spielte ihre schrillen Figuren mit viel schwarzem Humor, um im nächsten Moment wieder mühelos die Oktaven hochzuklettern. Ihr schickes Abendkleid trug ein Übriges zum perfekten Bild der Diva bei, gleichermaßen pompös und urkomisch, blond und gescheit. Als Moderatorin führte die Regisseurin und Schauspielerin Hedda Brockmeyer mit sympathischer Stimme durch den Abend, auch sie bekannt durch das „Theater in der Kurve“. Fast philosophisch wurde sie, als sie davon sprach, dass man sich selbst so viel wert sein sollte, um sowohl Hilfe anzunehmen als auch Unterstützung zu gewähren. Dass dies funktionieren könne, zeige dieser Abend. Recht hat sie!

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