Neustadt Gelungene Premiere

Neustadt. Kurzweilige Verkündigung in Vollendung gab es bei der ersten Soiree in der Martin-Luther-Kirche am Samstag in Winzingen. Die von Pfarrer Frank Schuster, der vor einem Jahr seinen Dienst in Neustadt angetreten hat, an seiner vorigen Wirkungsstätte in Kaiserslautern entwickelte Idee, die Kirche am jeweils zweiten Feiertag der christlichen Hochfeste für Konzerte und Lesungen zu öffnen, kam auch in der Vorderpfalz gut an, wie die weit über 200 Zuhörer belegten.

Schuster bewies bei der Besetzung seiner Premieren-Veranstaltung ein glückliches Händchen. Die SWR-Redakteurin Kerstin Bachtler liest schon seit vielen Jahren Weihnachtstexte. „Für Prosa bleibt aber in diesem Format keine Zeit, daher sind es Gedichte, die ich mitgebracht habe“, erklärte sie ihr Programm. Eine Combo aus Mitgliedern der Neustadter „Allstar-Bigband“ um deren Leiter Jonas Jung hatte als Kontrast dazu bekannte Weihnachtsmelodien im Gepäck. Angetreten waren neben Jung sechs weitere „Allstar“-Mitglieder, wobei Peter Guntermann an Orgel und Piano ein „Ehemaliger“ ist. Jung musste sehen, wer von seinen Musikerkollegen über die Feiertage überhaupt im Lande war. Daher arrangierte er die bekannten Weisen punktgenau auf die entsprechende Besetzung hin. Schon das klassische „Tochter Zion“ zum Auftakt mit einem von ihm neu geschaffenen Vorspiel machte Lust auf die feierlich-fröhliche Stunde. Auch die folgenden Lieder, waren sie auch noch so berühmt, wie etwa „Stille Nacht“ oder „Oh du Fröhliche“, brachte die Bläsergruppe angenehm entstaubt zu Gehör. Nichts, rein gar nichts blieb von dem triefenden Kitsch und Schmalz, der in der Vorweihnachtszeit Gehör und Gemüt strapaziert. Das lag an der perfekten Abstimmung der beiden Trompeter Dominik Christmann und Mario Kercher mit den Saxophonisten Lukas Anslinger und Josua Niklas sowie dem Posaunen-Duo Liam O’Mahony und Jonas Jung. Auch die Orgel wurde von Peter Guntermann mit „Winter Wonderland“ einmal richtig schwungvoll in Szene gesetzt. Großartige Soli, so von Josua Niklas und Guntermann bei „Let it Snow“ oder Jonas Jung bei „Stille Nacht“ , waren die passende Umrahmung für die Lesungen von Kerstin Bachtler. Sie servierte ihre Gedichte in leicht verdaulichen Häppchen, jeweils thematisch zusammengefasst. Ob „Weihnachten, wie es wirklich war“ oder ein Gedicht von Heinz Erhardt, das mit eher ungewohnten, ernsten Tönen daher kam, Bachtler hielt die Zuhörer bei der Stange, nicht zuletzt mit einem kritischen Blick auf den weihnachtlichen Konsumterror, etwa mit den leidvollen Gedanken eines Tannenbaums. Dessen Fazit: „Im nächsten Leben werde ich ein Bonsai.“ Nachdenkliches folgte mit den Neujahrsgedichten. „Jage die Ängste fort“ hieß es da, und „Leid ist vergänglich wie Glück“, als Trost für alle, die gerade eine weniger gute Zeit durchlaufen. Als „Weihnachtsrausschmeißer“ dann ein lustiges Gedicht – gemixt in Deutsch und Englisch und von Bachtler temperamentvoll vorgetragen. Dazu passten die letzten beiden Lieder der Bläser mit „We wish you a Merry Christmas“ und „Go tell it on the Mountains.“ Bei dem amerikanischen Spiritual zum Finale musste das Publikum nicht extra zum Mitklatschen aufgefordert werden, sondern swingte von Beginn an begeistert mit. Mit sichtbarem Bedauern, dass die Soiree damit ihrem Ende zuging, erklatschte sich die aus allen Altersschichten bestehende Zuhörerschaft stehend eine kleine Zugabe. Doch das von Pfarrer Schuster vorgegebene Format von 60 Minuten sollte nicht überschritten werden. Der Geistliche war glücklich: „Heute waren viele neue Gesichter in der Kirche, das freut mich sehr. Denn das ist genau der Zweck der Soireen.“

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