Neustadt Einst Untermieter bei Bernhard Vogel

18 Jahre war Gerhard Kuhn gern Bürgermeister in Esthal. Trotzdem sagt der 71-Jährige: „Es reicht jetzt, ich habe mein ganzes Leben lang gearbeitet. Man muss auch mal ein klein wenig an sich denken.“ Außerdem sei es besser, dass nach so langer Zeit jüngere Leute mit einer anderen Sichtweise das Amt übernähmen. Dass sein Sohn sein Nachfolger als Bürgermeister sei, liege nicht an ihm, betont Kuhn.

„Ich war weder dafür noch dagegen, ich habe ihn bewusst nicht beeinflusst, er wollte das von sich aus“, sagt Kuhn. Er werde sich auch aus der Amtsführung seines Nachfolgers heraushalten. „Mein Sohn ist ein sehr nüchtern denkender Mensch, der Pro und Contra gut abwägen kann“, weiß Gerhard Kuhn das Amt in guten Händen. Auch der gebürtige Esthaler Gerhard Kuhn hatte schon in seinem eigenen Elternhaus Kontakt zum damaligen Bürgermeister. „Meine Eltern waren mit Bürgermeister Edmund Krauß und seiner Frau gut befreundet“, erinnert sich Kuhn. Krauß war Mitglied der FWG. Dass Kuhn in die CDU eingetreten ist, liegt am früheren rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Bernhard Vogel. Kuhn war als Schüler in einem Internat in Speyer, hatte dort Kontakt zur Jungen Union. Als er eine Lehre als Orgelbauer bei der Speyerer Firma Scherpf begann, suchte er ein Zimmer. Das fand der junge Mann bei Bernhard Vogel. Als Untermieter kümmerte er sich während der häufigen Abwesenheiten des Hausherren um Haus und Post. „Wenn Vogel da war, bekam er öfter Besuch von Heiner Geißler, dann durfte ich die Weinflaschen aufziehen“, verrät Kuhn. 1972 heiratete er, zog wieder nach Esthal, legte die Meisterprüfung ab und eröffnete 1977 in seinem Heimatdorf eine eigene Orgelbauer-Werkstatt. Einige Jahre später wurde er in der Esthaler CDU aktiv, 1984 und 1989 in den Gemeinderat gewählt. „Weil ich so viele Stimmen bekommen hatte, hat es sich ergeben, dass ich Beigeordneter wurde“, erzählt Kuhn. Bürgermeister war CDU-Mann Otmar Blum. „Mit ihm bin ich befreundet und wir haben gut zusammengearbeitet“, berichtet Kuhn. Als Blum 1996 sein Amt aufgab, wurde der Beigeordnete zum Bürgermeister gewählt. „Man versucht dann halt, immer wieder bei der Wahl die Mehrheit zu bekommen“, sagt Kuhn in der ihm eigenen nüchternen Art. Das ist ihm 1999, 2004 und 2009 gelungen. „2009 wollte ich aufhören, aber in der CDU fand sich kein Kandidat, ich habe dann deutlich gesagt, dass 2014 endgültig Schluss ist“, berichtet Kuhn. Der Bau des Bürgerhauses sei das wichtigste Projekt in seiner Amtszeit gewesen. „Es war auch das strittigste. Damals haben mich Leute auf der Straße angesprochen und gesagt, so ebbes brauche mer in Eschdel ned“, erzählt Kuhn. Er war überzeugt, dass man ein Bürgerhaus brauche. Diese Überzeugung hat er „trotz heftiger Meinungsunterschiede im Dorf und Gemeinderat verfochten“. Die Einweihung des Bürgerhauses sei denn auch eines „der größten Erlebnisse“ seiner Amtszeit gewesen. „Am Herzen“ habe ihm gelegen, dass das Ortsbild nicht mehr durch Hochspannungsleitungen „verschandelt wird“. Dazu sei das Verlegen von Erdkabeln erforderlich gewesen, was nur durch den Verkauf der Gemeindewerke an die Pfalzwerke möglich gewesen sei. Die Erneuerung fast aller Straßen, das Baugebiet Tannenstraße-Jägerweg und schnelles DSL-Internet nennt Kuhn als weitere wichtige Projekte seiner Amtszeit. „Eine große Sache war die 625-Jahr-Feier von Esthal“, blickt Kuhn zurück. Als „die Geschichte, die mich am meisten ärgert“, bezeichnet Kuhn, dass es „erst wegen der Umweltschützer und dann wegen des Forstes“ nicht gelungen sei, ein etwa 600 Meter langes unbefestigtes Teilstück des Weges zwischen Esthal und Elmstein zu befestigen. „Das ist so kleinlich und engstirnig, da gibt es keine sinnvollen Argumente“, wird der sonst so ruhige und besonnene Esthaler wütend. Gerne hätte er ein Baugebiet „In den Soläckern“ auf den Weg gebracht, „das wäre das beste Baugebiet in der Verbandsgemeinde“. „Ich habe nie Alleingänge gemacht, sondern immer mit den Leuten geredet“, betont Kuhn. „Dass man zwischendurch geärgert und genervt wird, das gehört dazu.“ Günstig sei immer gewesen, dass er als Selbstständiger seine Arbeit habe einteilen können, „für meinen Betrieb habe ich oft abends oder nachts gearbeitet“. Für Kuhn gehört es dazu, dass die Verdienste seiner Frau erwähnt werden. So habe sie bis vor fünf Jahren noch Vermietungen von Waldfesthalle und Bürgerhaus überprüft, kehre den Bürgersteig vor dem Bauhof, pflege die Grünanlage am Dorfplatz und habe im Lauf der Jahre zahllose Telefonate für ihn entgegengenommen. Kuhn trägt sich mit dem Gedanken, sein altes Hobby Zeichnen und Malen wieder zu beleben, ist im Kirchenchor und Gesangverein aktiv und als Organist gefragt. Zudem will er mehr Zeit mit seinen zwei Enkeln verbringen, sich um den 92-jährigen Schwiegervater kümmern und gelegentlich mit der Familie verreisen. (ann)

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