Neustadt Vom Überlebenskampf in Kriegszeiten

Frauen lieferten in der Langgasse noch kurz vor Kriegsende 1918 Decken ab, da damals noch mit einem weiteren Kriegswinter gerech
Frauen lieferten in der Langgasse noch kurz vor Kriegsende 1918 Decken ab, da damals noch mit einem weiteren Kriegswinter gerechnet wurde.

„Haßloch im Ersten Weltkrieg“: An sechs aufeinanderfolgenden Sonntagen sind ab 14. Oktober im Heimatmuseum Fotos und Plakate aus der Zeit 1914 bis 1918 zu sehen. Die Dokumente belegen, wie die Soldaten an der Front von der Heimat aus unterstützt wurden und zeigen die Versorgung der Verletzten ebenso wie die Anstrengungen, im Krieg zu überleben.

Hundert Jahre nach Kriegsende hat der Freundeskreis Heimatmuseum eine Bilderausstellung „Haßloch im Ersten Weltkrieg“ zusammengestellt. Zwar sind nicht viele Dokumente aus dieser Zeit vorhanden, wie Wolfgang Hubach vom Freundeskreis berichtet. Trotzdem zeigen diese, dass insbesondere die Frauen im Dorf mit großem Engagement versuchten, die Kriegssituation zu bewältigen – sei es durch die Unterstützung der Soldaten mit Waren, die Pflege der Verwundeten oder die Versorgung der Menschen in Haßloch. Die Gemeinde soll 1914 rund 7200 Einwohner gehabt haben, 1918 waren es 7636. Die Anzahl der Gefallenen beziehungsweise Vermissten liegt bei 231, hat Hubach recherchiert. Unter den Exponaten befinden sich eine Reihe seltener Plakate, betont Hubach, auf denen hauptsächlich Durchhalteparolen zu lesen sind. Viele davon hat Hubach privat gesammelt. Da die Plakate mit der Zeit brüchig geworden seien, habe er sie dem Historischen Museum der Pfalz und dem Landesarchiv, beide in Speyer, übergeben. Von dort wurden sie für die Ausstellung ausgeliehen. „Haßloch hatte im Ersten Weltkrieg zwei bedeutende Einrichtungen. Zum einen die Heimarbeit, zum anderen das Lazarett“, so Hubach. Heimarbeit war in der Schreinerei Wessa in der Kirchgasse sowie im Saal Löwer angesiedelt. In ehrenamtlicher Arbeit und unter Leitung der Lehrerin Katharina Löwer haben dort Frauen und Kinder Schuhe, Kleider und Wäsche gesammelt, aufbereitet und an die Front geschickt. Hubach verweist auf ein Foto, das eine große Schlange von Frauen zeigt, die noch vor Kriegsende Decken ablieferten, da mit einem weiteren Kriegswinter gerechnet worden sei. Die Institution habe unter der Aufsicht des Gemeinderats gestanden, so der Heimatforscher. Das Lazarett war im Südschulhaus der heutigen Schillerschule eingerichtet, die Schulkinder mussten dafür im Ostschulhaus zusammenrücken. Es handelte sich nicht um ein Akutkrankenhaus, sondern um eine Rehabilitationsstätte, in der die Verwundeten wieder „kriegstüchtig“ gepflegt wurden. Die Leitung hatte das Haßlocher Rote Kreuz. Die Honoratioren, zusammen mit den Ärzten Weisbrod und Jesch, empfingen die Lazarettzüge am Bahnhof. Von da wurden die „Blessierten“ ins Südschulhaus, das erst 1910 eingeweiht worden war, gebracht. Auch viele Ehrenamtliche arbeiteten hier. Die Bürger stellten Betten und sogar ganzes Mobiliar zur Verfügung: „Die Haßlocher waren im ,Stiften’ ganz groß“, so Hubach. Viele zeichneten Kriegsanleihen, die nach dem verlorenen Krieg wertlos waren. „Die Folge war, dass die Bevölkerung total verarmt war und das Dorf, neben dem Hemshof Ludwigshafen und dem Horeb Pirmasens, einer von drei sozialen Brennpunkte in der Pfalz war.“ Haßloch hatte laut Hubach ein Außenlager des Kriegsgefangenenlagers Landau in der Straße „Im Opra“. Kriegsgefangene arbeiteten bei Bauern oder in den Mühlen. Unter welchen Anstrengungen die Menschen in der Heimat den Alltag bewältigten, zeigen Bilder: Da wird zum Sammeln von Obstkernen oder Bucheckern aufgerufen, um Öl zu gewinnen oder in gefordert, mehr Kartoffeln zu produzieren. Kriegsanleihen, die Abgabe von Heu oder die Enteignung von Metallen wie Aluminum, Kupfer, Messing und Zinn waren Beiträge zur Finanzierung des Krieges. Die Ausstellung beschränkt sich auf Fotos und Dokumente: „Technisches Material kann aus mehreren Gründen im Ausstellungsraum nicht gezeigt werden“, so Hubach. Ausstellung —„Haßloch im Ersten Weltkrieg“, Heimatmuseum, Gillergasse 11. Eröffnung: Samstag, 13. Oktober, 14.30 Uhr. Öffnungszeiten: 14. Oktober bis 18. November, jeweils sonntags 14.30 bis 17 Uhr, Eintritt frei. Die Exponate können auch auf Anfrage besichtigt werden. —Das Heimatmuseum und die Suiseki-Ausstellung im Kulturviereck sind am ersten und dritten Sonntag im Monat geöffnet.

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