Neustadt Neustadt: Entlaufenen Hunden auf der Spur

Tanja Axmann mit ihren Hunden Avra (links) und Lucille.
Tanja Axmann mit ihren Hunden Avra (links) und Lucille. Foto: van

Nervenaufreibend – das ist so ziemlich jede Suchaktion, die Tanja Axmann unternimmt. Die Vorsitzende des Vereins „Voices for Dogs“ sucht ehrenamtlich und weit über die pfälzischen Grenzen hinaus nach entlaufenen Hunden. Zuletzt nach Dobby, Hündin einer RHEINPFALZ-Mitarbeiterin.

Das ist noch mal gut gegangen: Tagelang vermisste die Familie von RHEINPFALZ-Mitarbeiterin Heike Klein ihre Hündin Dobby, die sich an einer Ampel von Leine und Halsband befreit hatte und weggelaufen war. Stets mit ihr in Kontakt: Tanja Axmann. Die 44-Jährige aus Jockgrim ist beim siebenköpfigen, 2016 gegründeten Verein „Voices for Dogs“ für ausgebüxte Tiere zuständig. Tiere deshalb, weil sie auch immer wieder nach entlaufenen Katzen sucht. Meist findet ein Hund innerhalb zwei Tage selbst heim oder kommt an den Ort des Entlaufens zurück. „Kommt er nicht zurück, sollten die Besitzer möglichst 48 Stunden an diesem Ort verweilen. Im Fall von Dobby ging das natürlich nicht, da sie an einer Ampel entlaufen ist“, so Axmann. Seit dieser Aktion seien übrigens drei weitere Hunde gesucht und gefunden worden – leider nicht alle lebend.

Auch Katzen oder Raben in Falle

Futter und ein sogenannter Geruchsträger von Herrchen oder Frauchen – etwa ein Kleidungsstück – sollten an den Ort gelegt werden, um den Hund anzulocken. Wird er gesichtet und gemeldet, richtet Axmann an dieser Stelle eine Futterstelle ein. Dann heißt es Spurenziehen: Mit Hilfe von einem Mix aus pürierter Leberwurst und Wasser wird um die Futterstelle herum eine Spur bis zum Wohnort gezogen. „Die Leberwurstproduktion ist in den vergangenen Jahren bestimmt stark angestiegen“, sagt die 44-Jährige lachend. Wird der Hund über eine angebrachte Wildkameras mindestens zweimal gesichtet, wird in der Nähe eine Lebendfalle aufgestellt. Schnappt diese zu, bekommt Axmann eine SMS aufs Handy. Hin und wieder komme es vor, dass sich eine Katze oder ein Rabe in die Falle verlaufe. Ist eine Falle erst einmal aufgestellt, schlafe sie „nur so halb, da ich emotional voll drin hänge“, so die 44-Jährige.

150 Flyer und viele Helfer

Darüber hinaus wird ein entlaufenes Tier bei der Online-Plattform Tasso, bei Polizei, Tierheim und beim Jagdpächter gemeldet. Im Umkreis von 15 Kilometern werden 150 Flyer aufgehängt. „Das ist enorm viel Arbeit“, sagt Axmann, die sich seit vielen Jahren ehrenamtlich für den Tierschutz engagiert und Sprit- sowie andere Aufwandskosten aus eigener Tasche bezahlt. Axmann weiß: „Ohne die Helfer vor Ort, die Flyer verteilen und Futter auslegen, hätten wir keine Chance, so viele Tiere wiederzufinden.“

Hund erst einmal ignorieren

Ist der Hund gefunden, scheint er oft nicht mehr derselbe zu sein. Denn nach spätestens 48 Stunden verfällt er in einen Fluchtmodus und folgt nur noch seinen Instinkten. „Das heißt, egal wie lange das Tier in einer Familie war, es handelt nicht mehr aus der Erinnerung“, erklärt Axmann. Das sei für die Besitzer oft schwer zu begreifen. Wird der Vierbeiner gefunden, sollte man sich erst mal auf den Boden setzen und ihn ignorieren. Denn möglicherweise erkennt er seinen Besitzer im ersten Moment nicht und ist verängstigt. Das lege sich aber recht schnell. Ein Hund sollte auch nie auf eigene Faust gesucht werden: Im schlimmsten Fall erschrecke er sich vor seinen eigenen Haltern und laufe wieder weg. Ihr Wissen über die hat sie sich nach eigenen Angaben selbst oder im Austausch mit anderen Tierschützern angeeignet. Immer wieder fahre sie über die Pfalzgrenze hinaus, berate auch Menschen zum Beispiel in Baden-Württemberg. Zeit abzuschalten hat die Mitarbeiterin eines Landauer Dienstleistungsunternehmens und Besitzerin jeweils zweier Katzen und Hunde kaum. Ihre Partnerin halte ihr jedoch den Rücken frei.

Nicht jede Aktion geht gut aus

Leider geht nicht jede Suchaktion so gut aus wie die von Dobby: Oft findet Axmann tote Tiere. Wenn die Hunde oder Katzen gechipt und registriert sind, bringt sie diese ins Tierheim oder zum Tierarzt. „Ist nicht ersichtlich, wem das Tier gehört, müssen wir es im schlimmsten Fall liegen lassen, damit es der Besitzer vielleicht findet“, berichtet die Tierschützerin. Den Tod eines Tieres wegzustecken, sei immer aufs Neue schwer. Mit der Zeit lerne man damit umzugehen. Im Vordergrund stehe, das Tier seinem Besitzer zu übergeben. Die Reaktionen, wenn sie mit dem toten Tier vor der Tür stehe, seien unterschiedlich: „Die meisten sind mir dankbar, andere fühlen sich vor den Kopf gestoßen, dass da eine Fremde mit ihrem Tier steht.“ Axmann ist auch im Verein „Tote Hunde“ aktiv, der sich eben jenen Tieren annimmt.

Hund während Suche überfahren

Ein besonders bitterer Fall hat sie vor Kurzem beschäftigt. Ein entlaufener Hund sollte in der Südpfalz gesichert werden. Ein Jagdpächter verbot es jedoch, das Tier in seinem Revier mit Hilfe von Futter zu locken – aus Angst vor der Schweinepest. „Die Schweinepest wird aber nur über rohes Fleisch übertragen, ich verwende nur abgekochtes“, betont die 44-Jährige. Dennoch: Die zuständige Kreisverwaltung Südliche Weinstraße bestätigte das Verbot. Axmann war gerade dabei, in einem anderen Revier eine Lebendfalle auszustellen, als sie angerufen und ihr mitgeteilt wurde, der Hund sei überfahren worden. „In solchen Fällen komme ich dann echt an meine Grenzen“, sagt sie. Dennoch überwiege die Freude, wenn ein Tier nach tagelanger Trennung mit ihrer Hilfe wieder zurück zu seiner Familie gefunden habe.

Info

www.voices-for-dogs.eu
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