Ludwigshafen Traumhaft sicheres Miteinander

Nikolay Shalamov ist Russe, Alina Shalamova Bulgarin. Seit 2009 spielt das Ehepaar als Klavierduo zusammen. Mit viel Erfolg: 2015 erhielten die beiden den ersten Preis, den Publikumspreis und den Preis für die beste Interpretation einer Auftragskomposition im Musikwettbewerb der ARD. Im Gesellschaftshaus der BASF in Ludwigshafen bewies das Duo, dass diese Auszeichnungen verdient sind.

Leider hatte manch ein Besucher mit dem Programm seine Schwierigkeiten. Es gab zwei Stücke aus Olivier Messiaens „Vision de l’Amen“, drei Bach-Bearbeitungen von György Kurtág, von Claude Debussy zwei Beispiele aus den „Six épigraphes antiques“ und eine erfrischend locker und entspannt gespielte Bearbeitung von Bachs Orgelsonate Es-Dur BWV 525. Es schien manchem zu viel des Ungewohnten. Nach der Pause sah man etliche leere Plätze im Saal – das verstehe, wer mag. Dabei gaben die naht- und makellos aufeinander eingespielten Gäste als für Traditionalisten taugliches Finalstück eine fulminante, orchestral gesteigerte Interpretation der drei ersten Stücke aus Maurice Ravels zweiter „Daphnis und Chloé“-Suite. Auch die beiden Zugaben, Mozart und Ravel, waren sozusagen unproblematisch – nimmt man Bernd Alois Zimmermanns „Monologe“ zuvor davon aus. Das war eine Collage mit Zitaten aus Mozarts C-Dur-Klavierkonzert KV 467, aber auch Bach, Beethoven und Messiaen, bei der die beiden Pianisten tatsächlich meist vor sich hin monologisieren. Weniger fordernd war die Uraufführung einer „Follia“ von Gordon Kampe, wobei sich der souverän auf die Tasten gefetzte Achtminüter als gewitztes Vortragsstück irgendwo zwischen Etüde und Totentanz bestens bewährte. Und, da war sich der mit launigen Worten einführende Komponist sicher, den passenden Schlusspunkt unter das Kampe vergangene Woche gewidmete Komponistenporträt setzte. Im Grunde war dieser zweite Teil so etwas wie eine Auffächerung des ersten, in dem Kurtág mit seinen Choralbearbeitungen („O Lamm Gottes“, „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“, „Aus tiefer Not“) die kontemplativen Fixpunkte setzte und Debussys „Pour un tombeau sans nom“ und „Pour l` égyptienne“ mit einer impressionistisch parfümierten Antikenrezeption für eine Art von emotionalem Ausgleich sorgte. Schon bei Messiaens eingangs gespieltem „Amen de la Création“ ließen sich Können und musikalische Intelligenz der Gäste wie unter dem Vergrößerungsglas ablesen, ihr traumhaft sicheres Miteinander, die selbstverständlich zur Verfügung stehenden technischen Ressourcen und die Einsicht in das, was Komponist und Komposition angemessen ist. Zu rühmen ist auch die völlige Abwesenheit von Effekthascherei, mit der selbst bei einem strengen Meister wie Olivier Messiaen etwas zu holen wäre, vollends bei dessen, ja doch: in aller Unschuld erotisch hochgerüstetem „Amen du désir“, für das man in der Musikgeschichte seinesgleichen sucht. In dieser Direktheit wird man nicht mal bei Wagner fündig. Ob man das alles besser spielen kann als Alina Shalamova und Nikolay Shalamov? In dieser BASF-Matinee waren die beiden jedenfalls ganz groß.

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