Ludwigshafen Lieber Hinterhof als Pfälzer Hitze

Was für ein Glück, die Pfalz litt ja in der ersten August-Hälfte unter einer satten Hitzewelle. Da traf es sich doch gut, dass just in diese Phase der erste Sommerurlaub mit unserer Grundschülerin fiel. Wie viel Dusel wir bei der Planung des Nordsee-Trips hatten, lässt sich gar nicht so recht zusammenfassen. Denn wir entkamen nicht nur Pfälzer Hitzewallungen, sondern verpassten auch die Nordsee-Regengüsse um just einen Tag. Passend für die Reise in die Sandkiste von St. Peter-Ording war nach der Ankunft der erste Wortwechsel mit einem Einheimischen. Nachdem die Koffer ausgeladen waren, musste eine Crêpes-Stärkung her. Der junge Mann war überaus freundlich und fragte gleich: „Seit wann sind Sie da?“ „30 Minuten“, war unsere Antwort. „Seien Sie froh. Wir haben heute den ersten sommerlichen Tag seit vier Wochen“, meinte da der strahlende Crêpes-Meister. Ungläubiges Staunen bei uns – und mehr als nur klammheimliche Freude. Manchmal muss man Glück haben. Dabei war die Anreise in die Sandkiste ziemlich abenteuerlich. Die Straßen rund um Hamburg waren dicht. Das schlaue Navi schickte uns mal hier lang und mal da rüber. Das große Ziel lautete, ohne Stau durch die Hansestadt zu kommen. Es war ein lustiges Abenteuer – vorbei an Hafen und Michel und dann quer über die Reeperbahn. Die war an diesem späten Samstagvormittag gar nicht so trostlos, da sich die Teilnehmer vom Christopher-Street-Day gerade versammelten. Unsere quirlige Tochter fand’s zwar irgendwie witzig, auch wenn sie mit meinem Spruch: „Nach den Ferien kannst du deiner Lehrerin erzählen, dass du im Urlaub mit Papa auf der Reeperbahn warst“, nicht so viel anzufangen wusste. Vor allem war unsere Wasserratte aber genervt („Ich will keine Stadt, ich will das Meer“). Das Navi steuerte uns gut durch die Metropole. Aber die ungeplante Stadtrundfahrt ließ mich viel zu spät bemerken, was für Ansagen da von der elektronischen Kommandozentrale kamen. Die dirigierte uns nämlich so: „Nach 200 Meter rechts abbiegen und dann fahren Sie auf die Auffahrt Hinterhof-Nordost.“ Wie bitte? Kann ja wohl nicht sein, meinte ich zu meiner lieben Frau. Angesichts der nächtlichen Abreise tippten wir auf einen Hörfehler oder eine Konzentrationsschwäche bei uns. War ja auch egal. Das große Ziel hieß ja Nordsee und Strand. Nach acht sommerlichen Tagen mit Drachenfestival, Watterlebnissen, ein paar gewagten Sprüngen ins sehr kühle Nordsee-Nass machten uns die Warnungen aus der Heimat zusehends Sorgen. „Ihr werdet hier bei unserer Hitze was erleben“, hieß es immer wieder am Telefon. Irgendwann machte es klick. Wir erinnerten uns an die Hinfahrt und waren uns schnell einig: Hamburg wäre doch eine Zusatzetappe wert. Wir hatten erneut großes Glück, fanden ein gutes Hotel. Die Metropole bot uns einiges: das Kreuzfahrtschiff Queen Elizabeth war da, und wir konnten Hamburgs Baby Nummer eins bestaunen – Anjuli, ein putziges Elefantchen, das Mitte Juli geboren wurde und seither die Blicke in Hagenbecks Tierpark auf sich zieht. Alles rundum gelungen also. Ich traue es mich kaum zu sagen, denn als wir letztlich wieder daheim waren, verabschiedete sich gerade die brütende Hitze. Glück gehört eben dazu. Ach ja. Und das mit dem Hinterhof konnten wir auch noch klären. Unser liebes, zuverlässiges Navi übersetzt Hamburg, also HH, tatsächlich mit Hinterhof. „Nehmen Sie die Ausfahrt Hinterhof …“. Gewöhnungsbedürftig und skurril, aber wir kamen ja ans Ziel, und die Ecken rund um die Alster würden wir auch nicht selbst im Entferntesten mit einem Hinterhof vergleichen. Sei’s drum. Computer und Elektrogeräte haben eben auch ihre Macken. Gut zu wissen. Mancher ist ja während der Hitze in den Keller geflüchtet. Wir können sagen, dass wir uns in den Hinterhof verzogen haben … Die Kolumne Fünf Redakteure berichten für die RHEINPFALZ über Ludwigshafen. Ihre Erlebnisse aus dem (Arbeits-)Alltag nehmen die Redakteure in der Kolumne „Quintessenz“ wöchentlich aufs Korn.

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