Ludwigshafen Geld gegen Bohrmaschine: Ein Besuch im Pfandleihhaus

Bernd Barz nimmt im Pfandleihhaus das Armband einer Kundin (rechts hinter der Scheibe) entgegen.
Bernd Barz nimmt im Pfandleihhaus das Armband einer Kundin (rechts hinter der Scheibe) entgegen.

Offene Rechnungen, teure Reparaturen, ein wertvolles Geschenk: Geld kann aus vielen Gründen knapp werden. Insbesondere am Monatsende ist im City-Leihhaus in der Ludwigshafener Dammstraße viel los. Dort gibt es Bares gegen Pfand.

Die junge Frau legt ihr Goldarmband in die Schublade vor der Glasscheibe. Bernd Barz, Filialleiter im City-Leihhaus Ludwigshafen, zieht die Schublade zu sich herüber. Er kennt den Schmuck gut. „Das ist eine Stammkundin“, sagt er. Ihr Armband bringe sie immer wieder vorbei. „Vor allem, wenn das Geld zum Ende des Monats knapp wird.“

Barz kennt auch die schwierige Geschichte der Frau: Wohnung verloren, zwei Kinder, bei der Verwandtschaft untergekommen. Doch Wertgegenstände abgeben und dafür einen Barkredit erhalten, ist nicht nur etwas für Menschen in Notsituationen oder für solche, die wenig oder gar kein Geld verdienen. Ins Pfandleihhaus in der Dammstraße kommen auch Geschäftsleute. Oder Handwerker verpfänden ihre teuren Bohrmaschinen, wenn Kunden die Rechnungen nicht pünktlich zahlen. „Einen schnellen Überbrückungskredit“ nennt Bernd Barz das, was er und sein Team hier anbieten. „Ich sehe das auch als Auftrag: Jedem Menschen die Möglichkeit zu geben, einen Kredit zu bekommen“, sagt der 56-Jährige. Dass es Pfandleihhäuser gibt, sei vom Gesetzgeber so gewollt. Das beruhe auf einem uralten Prinzip: dem Faustpfand.

Bernd Barz sucht den Stempel am Goldarmband, um es auf Echtheit zu prüfen. Anschließend stellt er die Karatzahl fest, wiegt das Schmuckstück und rechnet den Wert aus. Neben ihm steht eine Rolex. Dass die mit Originalbox abgegeben wurde und samt weiterer Unterlagen, steigert den Wert.

Mehr als 1000 Gegenstände als Pfand

Etwa 1600 bis 1700 Gegenstände verwahre er derzeit im Pfandleihhaus. Das meiste sind Schmuck und Uhren, doch auch einiges an Elektronik ist dabei: Laptops, Tablets, Smartphones. Handys beispielsweise sollten aber höchstens zwei Jahre alt sein. Sie seien zwar vom Aspekt „Sicherheit“ her gut, da sie sehr wahrscheinlich wieder abgeholt werden (Barz: „Viele haben da ihr ganzes Leben drin!“). Der Nachteil sei der schnelle Preisverfall. Deshalb ist bei allem, was er annimmt die entscheidende Frage: „Was ist das in einem halben Jahr wert?“ Dann, wenn es möglicherweise unter den Auktionshammer kommt.

Bernd Barz bewertet die Gegenstände. Dann schließt das Pfandleihhaus mit dem Kunden einen Pfandkreditvertrag ab und zahlt die Darlehenssumme in bar aus. Der Vertrag läuft über vier Monate. Das bedeutet: Nach dieser Zeit muss der Kunde das Pfand wieder auslösen – also sein Geld plus Zinsen und Gebühren zurückzahlen – oder den Vertrag verlängern. Ansonsten wird der Gegenstand von einem öffentlich bestellten Auktionator versteigert.

Gewinn bei Auktion steht Eigentümer zu

„Viele Menschen haben Scheu vor dem Pfandleihhaus“, sagt Barz. „Sie denken: Der gibt mir wenig Geld für meine Uhr und verkauft sie anschließend teuer.“ Doch Barz schüttelt den Kopf. Sollte der Gegenstand tatsächlich in einer Auktion verkauft werden, stehe der Überschuss dem Eigentümer zu. Das Leihhaus lebe lediglich von dem einen Prozent Zinsen pro angefangenem Monat und den 2,5 Prozent Gebühren. Ziel sei also, dass der Kunde seinen Gegenstand zwar möglichst lange im Leihhaus lässt, ihn dann aber irgendwann wieder auslöst. „Wir haben keinerlei Interesse daran, dass der Gegenstand in die Auktion geht.“

Man nehme übrigens nicht alles an, betont Barz. Für Kunst und Teppiche beispielsweise fehle die Spezialkenntnis. Zu den ausgefalleneren Gegenständen in der Ludwigshafener „Sammlung“ gehört das eine oder andere hochwertige Haushaltsgerät, tatsächlich eine ganze Reihe Werkzeugmaschinen, auch ein sehr großer, wertvoll gewordener Lego-Sammelartikel. Die meisten Kunden, die kurzfristig in Geldnot sind, würden zwischen 50 und 300 Euro mitnehmen und ihr Hab und Gut in der Regel auch schnell wieder auslösen. Generell liege die übliche Preisspanne zwischen 50 und 2000 Euro, sagt Barz. Das Maximum sei ein „mittlerer sechsstelliger Betrag“ gewesen.

Viele Stammkunden

Neben der Frau mit dem Goldarmband gebe es viele weitere Stammkunden. Er schätzt, dass bis zu 150 seiner Kunden jeden Monat mindestens einmal kommen. „Wir beurteilen nicht nur das Pfand, sondern auch die Zuverlässigkeit“, sagt Barz. Heißt: Einem zuverlässigen Kunden gibt er auch mal einen etwas höheren Betrag, da er sicher ist, dass der sein Eigentum auch wieder auslöst.

Durch die Corona-Krise hat er keine Besonderheiten festgestellt. Eine kleine Tendenz sei, dass Gegenstände etwas später als sonst wieder abgeholt werden. „Ich erwarte aber zum Ende des Jahres einen erhöhten Geldbedarf in der Bevölkerung und somit einen stärkeren Anstieg der Pfänder“, sagt der Filialleiter.

Die Gegenstände werden genau unter die Lupe genommen, bevor es dafür Geld gibt.
Die Gegenstände werden genau unter die Lupe genommen, bevor es dafür Geld gibt.
Schmuck und Uhren werden besonders häufig abgegeben. Originalverpackung und Zertifikate sind wichtig.
Schmuck und Uhren werden besonders häufig abgegeben. Originalverpackung und Zertifikate sind wichtig.
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