Ludwigshafen Es muss ja nicht immer ein Geiger sein

Viele Standards im Repertoire (von links): Saxophonist Sergio Parra, die Gitarristen Nello und Lulu Weiß und Kontrabassist Otmar
Viele Standards im Repertoire (von links): Saxophonist Sergio Parra, die Gitarristen Nello und Lulu Weiß und Kontrabassist Otmar Klein.

Traditionellen Gipsy Swing, aber mit einer besonderen Note hat das Lulu Weiß Ensemble bei der Jazz-Matinée im Oggersheimer Mayerbräu präsentiert. Zwei Gitarren und Kontrabass sind für diese Musikrichtung üblich, das Sopransaxophon und die Querflöte von Sergio Parra fügten besondere Farbtupfer hinzu.

Ohne Django Reinhardt kein Gipsy-Jazz, das ist klar. Lulu Weiß und seine Mitmusiker haben deshalb auch viele der traditionellen Stücke im Repertoire. Lulu Weiß, der Bandleader, spielt eine akustische Gitarre der Bauweise, die im Sinti-Jazz üblich ist. Diese Gitarren sind darauf ausgelegt, einen schlanken, perkussiven Ton zu haben und akustisch gespielt besonders laut und durchsetzungsfähig zu sein. Sie stammen aus einer Zeit, als elektrische Verstärkung noch nicht üblich war. Lulus Onkel, Nello Weiß, spielt dagegen eine elektrische Jazzgitarre. Solche Instrumente wurden ebenfalls erst akustisch gespielt, haben aber Tonabnehmer, die eine Verstärkung möglich machen. Die sonst so häufige strikte Trennung von Rhythmus- und Sologitarre gibt es bei Lulu und Nello Weiß nicht. Beide spielen in allen Stücken Solos. Der Sound ist verschieden. Nellos Gitarre klingt etwas „elektrischer“ und weicher, Lulus Gitarre, mit einem angeklemmten Tonabnehmer abgenommen, hat immer noch den stärker akustisch geprägten Ton. Von der Spielweise her gibt es zwischen Onkel und Neffe keine großen Unterschiede. Beide beherrschen Rhythmus- und Lead-Spiel gleichermaßen gut. Ihre Akkorde sind, wie in diesem Stil typisch, oft um Sexten und Nonen erweitert. Zusammen mit dem auf die Taktschläge Zwei und Vier betonten Viertel-Rhythmus ergibt das „la pompe manouche“, den swingenden Groove. Dazu gehört der Kontrabass von Otmar Klein, der zuverlässig die treibenden Rhythmen unterstützt. Zur klassischen „Hot Club de France“-Besetzung, die Django Reinhardt begründet hat, würde nun noch eine Geige gehören. Doch bei Lulu Weiß finden wir anstelle eines Geigers Sergio Parra. Der aus Brasilien stammende Musiker spielt Sopransaxophon und Querflöte. Das ursprüngliche Melodieinstrument im Sinti-Swing war die Geige. Bei Django Reinhardt spielte sie Stéphane Grappelli. Das gilt als typisch und wird von den Django-Nachfolgern meist ebenfalls so gehalten. Als Grappelli aber 1940, um den Nazis zu entgehen, in England blieb, holte Reinhardt den Klarinettisten Hubert Rostaing in sein Quintett. Insofern ist Parra mit seinem Saxophon gar nicht so weit vom Original entfernt. Der Brasilianer spielt vor allem sehr schnelle Arpeggien und skalar orientierte Linien. Das ist nicht unbedingt swingend, kommt aber bei den Zuhörern gut an. Lulu Weiß wurde 1959 in Illingen an der Saar geboren und ist in Landau aufgewachsen. Dort lernte er bei seinem Onkel Oskar Weiß in dessen Musikschule das Gitarrespielen. Zusammen mit seinem Bruder Caruse habe er den Onkel zu dessen Auftritten begleitet und dabei viel gelernt. Lulu Weiß gründete sein eigenes Ensemble, zu dem früher ein Geiger gehörte. Sowohl mit Rudi Haag als auch Bodo Jaworek an der Violine hat Weiß mehrere Alben aufgenommen. 1995 erschien das Debüt „Guitares & Gitanes“. Das achte und jüngste Album erschien 2014, es heißt „Palatine Autumn.“ Neben vielen Jazz Standards hat Lulu Weiß auch etliche eigene Stücke im Repertoire. Der französische Einfluss ist bei verschiedenen Musettes zu hören. Auch in anderen Stilen, so etwa dem Bossa Nova, fühlen sich Weiß und seine Musiker wohl.

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