Ludwigshafen „Der Ton wird rauer werden“

Rekordzahl: 709 Abgeordnete zählt der neue Bundestag, darunter sind zwei Ludwigshafener aus dem Wahlkreis 207.
Rekordzahl: 709 Abgeordnete zählt der neue Bundestag, darunter sind zwei Ludwigshafener aus dem Wahlkreis 207.

Zu den 709 Abgeordneten des neuen Bundestags, der sich gestern konstituiert hat, zählen mit Torbjörn Kartes (CDU) und Doris Barnett (SPD) zwei Vertreter aus dem Wahlkreis 207 Ludwigshafen-Frankenthal. Mit ihnen haben wir über ihre Eindrücke gesprochen.

Reihe sechs, die letzte mit Tischen. Rechts Mechthild Heil aus dem Wahlkreis Ahrweiler, 56, Vorsitzende des CDU-Stadtverbands Andernach und Verbraucherschutzbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Links Kai Whittaker, Wahlkreis Rastatt. Mit 32 ist der gebürtige Baden-Badener einer der CDU-Youngster. Dazwischen hat Torbjörn Kartes seinen Platz gefunden. Der 38-Jährige ist einer von 289 Neuen im Parlament. Am 24. September hat der Ludwigshafener mit 428 Stimmen Vorsprung auf Doris Barnett das direkte Ticket nach Berlin gebucht. Gestern zählte er zu den 501 Abgeordneten, die Wolfgang Schäuble (75, CDU) zum Bundestagspräsidenten gewählt haben. „Er ist definitiv einer, der das Parlament steuern kann“, sagt Kartes über den bisherigen Finanzminister. Bei sechs Fraktionen werde das keine leichte Aufgabe. „Aber Schäuble hat die Erfahrung, das gut zu moderieren.“ Mit Blick auf die starke AfD-Fraktion vermutet Kartes: „Der Ton wird rauer werden.“ Dennoch rät er dazu, den Rechtspopulisten mit Gelassenheit und vor allem mit sachlichen Argumenten zu begegnen. Als Gänsehaut-Moment beschreibt der Jurist den Augenblick, als der Plenarsaal geöffnet wurde. „Das war für mich etwas Besonderes, eine ganz große Ehre, das werde ich in Erinnerung behalten.“ Klar sei für ihn aber auch, dass das Parlament personell aufgebläht sei. „Mit 709 Abgeordneten stößt es allein schon räumlich an seine Grenzen. Die Größe erdrückt einen. Wir müssen uns deshalb damit beschäftigen, das Wahlrecht zu verändern – so wie es Schäuble-Vorgänger Norbert Lammert dem alten Bundestag ins Stammbuch geschrieben hat.“ Schon ihre siebte konstituierende Sitzung hat die Oggersheimerin Doris Barnett gestern miterlebt. Seit 1994 ist sie Bundestagsabgeordnete. Und dennoch: von Routine keine Spur. „Die ersten Sitzungen sind immer etwas Besonderes und Prickelndes, weil so viele Neue dabei sind.“ Gestern Vormittag hatte sie einen ganz besonderen Platz: Als Schriftführerin der SPD saß sie vorne auf den Plätzen des Bundestagspräsidiums und rief die Namen der Abgeordneten auf, um die Stimmen für den neuen Bundestagspräsidenten abzugeben. Alle zwei Stunden lösen sich die Schriftführer beim Bundestagspräsidenten ab. Barnett gehört auch bei den regulären Plenarsitzungen zum 40-köpfigen Schriftführergremium. „Wir erstellen etwa die Rednerliste und passen auf, wie lange jeder redet.“ Als sie gestern ihren Platz geräumt hatte, ging es für die 64-Jährige in einem Nebenzimmer weiter. Barnett gehörte der Zählkommission bei der Wahl von Bundestagspräsident und der Bundestagsvizepräsidenten an. Die 20 Abgeordneten hatten viel zu zählen und mussten immer schauen, ob auch alle 703 Stimmen vorlagen, denn sechs Parlamentarier waren für gestern entschuldigt. Der Tag im Parlament war lang. Barnett hat deshalb ihre Heimreise auf Mittwoch verschoben. Und die Stimmung im Plenum? „Alles ruhig und in Ordnung.“ Politik

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