Ludwigshafen Das Geschäft mit der Angst

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Friesenheim ist kein gefährliches Pflaster. Das weiß auch Christian Ehlers. Dennoch fordert der stellvertretende Vorsitzende der Stadtratsfraktion der Freien Wählergruppe (FWG) eine rasche Wiederbesetzung der zweiten Bezirksbeamtenstelle im Stadtteil. Der Grund: Die Bürger wünschten sich mehr Polizeipräsenz auf den Straßen, das subjektive Sicherheitsgefühl im Ortsbezirk habe seit den Ereignissen in Köln deutlich gelitten. Einige hätten sich zur „Selbsthilfe“ mit Abwehrsprays ausgerüstet, wie das umgangssprachliche „Pfefferspray“ korrekt heißt. So schreibt es die FWG in einer Pressemitteilung. Die CDU zeigt sich angesichts der Forderung der FWG irritiert. „Die Sicherheitslage in unserer Stadt und im Stadtteil Friesenheim hat sich aufgrund der Ereignisse in Köln und andernorts nicht verändert. Insofern kann man die Forderung der FWG leider nur als Populismus bezeichnen“, so die Vorsitzende der CDU Friesenheim, Constanze Kraus. „Wir haben andere Orte in Ludwigshafen, wie den Berliner Platz, bei denen eine Verstärkung der Polizeipräsenz eher wünschenswert wäre,“ sagt der sicherheitspolitische Sprecher der CDU-Stadtratsfraktion, Christian Beilmann. Ähnlich sieht das der Friesenheimer Ortsvorsteher Günther Henkel von der SPD. „Ich finde es jetzt ein bisschen zu einfach, das allgemeine Sicherheitsproblem mit der Besetzung einer Beamtenstelle in einem Ortsbezirk zu verknüpfen.“ Die SPD fordere den zweiten Beamten schon, seit die Stelle vakant geworden sei. „Unabhängig von Köln herrscht da unserer Ansicht nach Handlungsbedarf. Dieser hat sich jetzt aber nicht plötzlich verstärkt.“ Die Argumentation der FWG sei daher nach Ansicht Henkels „ziemlich dünn“. „Eine gewisse Beklommenheit ist bei vielen Bürgern sicher da. Das darf aber nicht der Grund dafür sein, um politische Schnellschüsse zu riskieren.“ Die FWG sieht das offensichtlich anders. Aufgrund der aktuellen Ereignisse müsse „JETZT“ gehandelt werden, heißt es in Großbuchstaben in der Pressemitteilung. Fürchtet Ehlers also tatsächlich um die Sicherheit der Bürger in Friesenheim?„Nein, ich persönlich kann diese Ängste nicht teilen. Friesenheim ist sicher und ich glaube auch nicht, dass die aktuellen Ereignisse etwas daran ändern werden“, betont der FWG-Mann auf Nachfrage. Es handle sich vielmehr um diffuse Ängste, aber die müsse man ernst nehmen. Auf der Forderung seiner Fraktion besteht er dennoch: „Seit dem Wegfall der zweiten Beamtenstelle gibt es keinen Ansprechpartner mehr für die Bürger im Bezirk.“ Die regelmäßige Bürgersprechstunde hätte dadurch entfallen müssen, ebenso die Präsenz der ehemals zwei Beamten an Markttagen. Als Kritik an Polizeioberkommissar Thomas Dörstling will Ehlers seine Beschreibung der Situation aber keinesfalls verstanden wissen. Der für Friesenheim zuständige Beamte leiste hervorragende Arbeit. Alleine sei die Doppelbelastung durch Verwaltungsaufgaben und Straßenpräsenz allerdings schlichtweg nicht zu stemmen. Die für 2017 in Aussicht gestellte Wiederbesetzung der zweiten Stelle müsse daher um ein Jahr vorgezogen werden, ist man jedenfalls bei der FWG überzeugt. Die derart verängstigten Friesenheimer sind zumindest kein Einzelfall, wie Hans-Jürgen Demmer bestätigt. Der Geschäftsführer des gleichnamigen Ludwigshafener Waffen- und Sportbekleidungsfachgeschäfts ist derzeit ein gefragter Gesprächspartner bei lokalen und überregionalen Medien. „Seit den Anschlägen von Paris ist die Nachfrage nach Selbstschutzartikeln schon krass gestiegen. Die Silvesternacht hat das Ganze jetzt aber noch einmal auf die Spitze getrieben.“ Pfefferspray sei deutschlandweit so gut wie ausverkauft. Hersteller hätten enorme Probleme, die aktuelle Nachfrage nach den kleinen Sprühdosen zu befriedigen, berichtet Demmer. „Die Leute kommen zu uns in den Laden und haben Angst“, sagt der Waffenexperte. Kommentar

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