Ludwigshafen An der Schwelle

Ludwigshafen

. Die Partie in Flensburg war der Höhepunkt der Hinserie für Dominik Claus. Der 18-Jährige genoss das Pokalspiel Mitte Dezember (20:39), durfte sogar zeitweise auf der Rückraummitte-Position agieren, warf zwei Tore. Er hat in seiner ersten Begegnung für die Profimannschaft der TSG Friesenheim in dieser Saison allerdings auch deutlich aufgezeigt bekommen, was er eigentlich eh weiß. Zum Beispiel, dass er muskelmäßig noch ein bisschen zulegen muss. „Ich bin ja eh nicht so ein Monster und habe deshalb gegen solche Schränke keine Chance.“ Die Partie in Flensburg war auch der Höhepunkt der Hinserie für Philipp Bauer. Allerdings nicht die Pokalpartie kurz vor Weihnachten, sondern die Bundesliga-Begegnung am ersten Spieltag der Saison Ende August (23:29). Der 18-Jährige sog all die Eindrücke auf. Die Stimmung, die Emotionen, das ganze Drumherum. Am Ende durfte er sogar zehn Minuten mitspielen – es war sein Debüt in der Bundesliga. Und es war sein bislang einziges Bundesligaspiel. Bauer beschloss ein paar Tage danach nämlich, dass die Herausforderung Bundesliga für ihn – zumindest momentan – noch ein Stückchen zu groß ist. Er spielt nun lieber in der Zweiten Mannschaft, teilweise auch in der A-Jugend, und konzentriert sich auf das Abitur. „Der Schritt kam zu früh für mich“, sagt Bauer. Seit Sommer 2013 verfolgen wir in einer Langzeitreportage die Entwicklung der beiden Friesenheimer Handball-Talente Philipp Bauer und Dominik Claus auf ihrem angestrebten Weg in den Profi-Handball. Seitdem berichten wir in regelmäßigen Abständen, wie die sportliche Karriere der beiden Jung-Eulen verläuft (siehe auch „Zur Sache“). Beide stehen momentan an der Schwelle zwischen zwei Welten. Beide dürfen noch in der A-Jugend-Bundesliga spielen, tun es aber nur noch selten, weil sie sich dort nicht mehr so weiterentwickeln können, wie sie sollen. Beide versuchen stattdessen, schnellstmöglich den Weg nach oben zu schaffen. Es ist eine interessante, eine spannende Phase, die Bauer und Claus momentan durchleben. Der Sprung von der Jugend direkt in die (Zweite) Bundesliga ist beiden nicht gelungen. Claus in der vergangenen Saison nicht, Bauer in dieser nicht. Das ist nicht schlimm, weil der eh nur den Super-Super-Super-Talenten gelingt. Die Super-Super-Talente oder die Super-Talente schaffen ihn auch, nur nehmen sie einen anderen Weg. Man kann diesen Weg als Umweg sehen. Man kann diesen Weg aber auch als normalen Weg sehen. Dominik Claus hatte in der vergangenen Saison einige Einsätze für die TSG Friesenheim in der Zweiten Liga. Es waren Kurzzeiteinsätze, auf der ungeliebten Rechtsaußen-Position. Es waren trotzdem tolle Erfahrungen, aber schon da hat sich abgezeichnet, dass die Zweite Liga noch ein bisschen zu groß für ihn ist. Die Erste Liga wäre es jetzt erst recht. Daher hat Claus, dem verschiedene Angebote vorlagen, in dieser Saison ein Zweitspielrecht beim Drittligisten TV Hochdorf. Es ist eine Situation, von der alle profitieren. Claus, der viel Spielzeit bekommt („Ich habe das Vertrauen vom Trainer und wenn ich einen Fehler mache, werde ich nicht gleich rausgeholt“), der TVH und natürlich die TSG, weil sich Claus bislang in dieser Saison enorm weiterentwickelt hat – auch wenn er sich im ersten Spiel des Jahres einen Nasenbeinbruch zuzog. Vor allem in der Abwehr ist der Waldseer, der zum Teil in Hochdorf, zum Teil in Friesenheim trainiert, stärker geworden. Es ist ein Modell, das in der kommenden Saison durchaus so fortgeführt werden könnte. Claus sagt zwar, dass er schnellstmöglich den Sprung in die Zweite Liga schaffen will, wo die TSG ja ab Sommer wieder spielen könnte. Claus sagt aber auch, dass er dies nicht mit der Brechstange erzwingen will. „Es ist für die eigene Entwicklung nicht immer gut, so hoch wie möglich zu spielen.“ Ein Satz, der so genauso von Philipp Bauer stammen könnte. Der Rheingönheimer war stolz, als ihm im Frühsommer 2014 ein Profivertrag angeboten wurde, er die Saisonvorbereitung mit der Ersten Mannschaft machen durfte, bei den ersten Partien im Kader stand. Auch wenn er schnell merkte, dass er im Training irgendwie nicht mithalten kann. Die Folge: Der Spaß ging verloren. „Am Anfang habe ich gedacht, das sei normal.“ Irgendwann hat Bauer dann gedacht, dass es vielleicht doch nicht normal ist, nicht mithalten zu können. Er führte viele Gespräche. Dann hat er beschlossen, dass ein Schritt zurück ihn unter Umständen auch zwei Schritte nach vorne bringen kann. Er trainiert seitdem nicht mehr mit den Profis, sondern mit der Zweiten Mannschaft, für die er in der Oberliga spielt. Er ist glücklich mit seiner Entscheidung. Der Spaß ist zurückgekehrt. Nächste Saison wird er nun für die SG Leutershausen spielen, wo er in der Rückraummitte agieren darf, seiner Lieblingsposition. Wie Claus will er also über die Dritte Liga den Weg ganz nach oben schaffen. Ein Weg, das sagt er, der ihn auch wieder zurück nach Friesenheim führen könnte. Erstmal will er sich nun aber auf das Abitur konzentrieren, danach zwei Praktika machen, ausloten, was er studieren möchte. Vermutlich etwas mit Betriebswirtschaftslehre. Auch Dominik Claus wird Ende des Jahres ein Studium beginnen („Vielleicht etwas mit Sport.“). Nach dem Abitur wird der Jugendnationalspieler seine Zeit aber erstmal dem Handball widmen – vor allem das Krafttraining will er intensivieren. Ein Monster wird er dadurch vermutlich nicht werden, aber vielleicht ein bisschen mehr wie ein Schrank.

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