Ludwigshafen Abend der Cellistinnen

Beim fünften Abonnementkonzert des Kurpfälzischen Kammerorchesters im Mannheimer Schloss drehte sich alles um das Cello. Die erst 23-jährige Harriet Krijgh und ihre Lehrerin Lilia Schulz-Bayrova übernahmen die obligaten Partien eines Johann Christian Bach zugeschriebenen Solokonzerts und eines Doppelkonzerts von Vivaldi. Außerdem gab es Stücke von Carl Philipp Emanuel Bach, Corelli und Mendelssohn. Dirigent des Abends war Felix Koch.

Ein barockes bis frühklassisches Programm also mit einem Jugendwerk eines Romantikers als Schlussstück? Mitnichten. Bei dem vermeintlich von Johann Christian Bach stammenden Cellokonzert handelt es sich nämlich um eine waschechte Fälschung. Es wurde keineswegs von Johann Sebastian Bachs jüngstem Sohn komponiert, vielmehr war Henri Casadesus (1879-1947), ein berühmter französischer Bratschenvirtuose und Viola-d’amore-Spieler, der Autor. Er hatte auf Anregung Camille Saint-Saens’ die Gesellschaft für historische Instrumente gegründet. Diese befand sich dann ständig auf der Suche nach Entdeckungen aus dem 18. Jahrhundert, und wenn man gerade nicht fündig wurde, wusste man sich selbst zu helfen. Henri Casadesus und sein Bruder, der Geiger Marius, verfertigten mehrere Stilkopien, die sie als barocke oder frühklassische Originale ausgaben, darunter das Mozart zugeschriebene „Adelaide“-Konzert in D-Dur für Violine. Über diesen Sachverhalt klärte Dirigent Felix Koch die Konzertbesucher auf. Allerdings lässt sich einigermaßen nachvollziehen, dass sich das „Christian-Bach-Konzert“ bei Cellisten immer noch einer gewissen Beliebtheit erfreut; es klingt angenehm und ohrenfällig. Den Stil der Klassik trifft das Stück freilich nur stellenweise, über weite Strecken wirkt es dagegen romantisch, etwa beim gefühlvollen Dialog des Cellos mit der Solovioline im Orchester, in den sich die zweite Geige auch noch einschaltet. Auf jeden Fall präsentierte Harriet Krijgh das Konzert spielerisch makellos, mit stets wachem Willen zum Formen und durchweg differenziert. Ein Ereignis für sich war überdies ihr geschmeidiger, warmer, überaus expressiver Celloton. Nach der Pause führte dann die junge Niederländerin geschliffene Dialoge mit Lilia Schulz-Bayrova, ihrer aus Bulgarien stammenden Lehrerin am Wiener Konservatorium, und dem flexibel mitgestaltenden Orchester. Im rein sinfonischen Teil des Programms erwiesen sich die Kurpfälzer als versierter, geschlossen aufspielender Klangkörper und boten ansprechende Klangqualität. Unter Kochs engagierter, intensiver, gestisch extrem aufwendiger Leitung wurde es sowohl Carl Philipp Emanuel Bachs empfindsamem, durch vorromantische Aufgeregtheit geprägtem Tonidiom, als auch Corellis groß angelegter barocker Architektur und Mendelssohns vielschichtigen mehrstimmigen Strukturen weitgehend gerecht. Nicht zu vergessen die feinen Solobeiträge des Konzertmeisters.

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