Südpfalz Engagiert gegen Ärztemangel

Die Südpfalz-Docs wollen etwas gegen den drohenden Ärztemangel unternehmen. Besonders drohe dieser in Richtung Pfälzerwald.
Die Südpfalz-Docs wollen etwas gegen den drohenden Ärztemangel unternehmen. Besonders drohe dieser in Richtung Pfälzerwald.

Der Hausarzt geht in den Ruhestand und die Praxis verwaist. Nachfolger? Nicht in Sicht. Der Ärztemangel hat schon lange die Region erreicht. Dagegen wollen die Südpfalz-Docs angehen. Sie vermelden erste Erfolge.

Bisher ist es so: Wer am Morgen aufwacht und Krankheitssymptome verspürt, fährt zum Arzt. Oder ruft vorher an, um einen Termin zu vereinbaren. Das könnte in Zukunft deutlich schwerer werden. In der Südpfalz sind 20 Prozent aller Hausärzte über 60 Jahre alt und 40 Prozent haben den 55. Geburtstag bereits gefeiert. Das schildern die Hausärzte Jonas Hofmann-Eifler, Rheinzabern, und Dominik Schubert, Deidesheim. Sie sind die Vorsitzenden des Vereins Südpfalz-Docs und wollen helfen, die drohende Misere abzuwenden.

Den Verein haben die beiden jungen Fachärzte für Allgemeinmedizin vor knapp einem Jahr mitgegründet. Das Hauptziel: Junge Ärzte untereinander und mit älteren Medizinern vernetzen. So könnten beispielsweise die nötigen Kontakte für Praxisübernahmen oder Gemeinschaftspraxen geknüpft werden. Der Verein habe bereits zehn Einstellungen oder Niederlassungen mitvermitteln können, berichtet Vorsitzender Hofmann-Eifler. Die Mitgliederzahl sei auf 70 gewachsen, rund 80 Prozent davon seien junge Ärzte. „Wir wollen die Jungen mit den Erfahrenen zusammenbringen.“

Symbiotische Beziehung

Das sei auch nötig. Die Erfahrung der etablierten Ärzte sei wichtig für die Neuen. Dabei gehe es nicht nur um fachlichen Rat: Die kaufmännische Seite der Praxisführung und die Abrechnungen seien nicht Teil des Lehrplans an der Uni, hier stünden viele Neulinge vor böhmischen Dörfern. Die Verwaltungsarbeit verschlinge umgerechnet immerhin knapp drei Stunden täglich. Auf der anderen Seite könnten die Jungen mit ihrem frischen und aktuellen Wissen zum Gelingen beitragen, führt Schubert aus. Eine symbiotische Beziehung – beide Seiten können profitieren.

Doch eine Gemeinschaftspraxis bedeute nicht nur, dass man sich die Patienten teilt. Die Ärzte müssen ein zumindest ähnliches Verständnis von Medizin und Behandlungsmethoden haben, damit eine Zusammenarbeit funktioniert. Nicht zuletzt, sagt Hofmann-Eifler, bedeutet eine Gemeinschaft auch, dass mögliche Regressforderungen an beide gehen. Die Südpfalz-Docs böten hier einen Rahmen, in dem man den anderen beschnuppern und kennenlernen könne. Der Verein habe außerdem zahlreiche Projekte zur Nachwuchsgewinnung für die Südpfalz initiiert.

Nicht die ganze Südpfalz ist attraktiv

Am Nachwuchs mangelt es eigentlich nicht. 2019 hätten so viele Allgemeinmediziner wie noch nie ihren Facharzt gemacht, sagt Hofmann-Eifler. Vier der rund 90 Absolventen in Rheinland-Pfalz gehörten dem Verein bereits an. Die Südpfalz sei eine attraktive Region, die auch durch Mithilfe des Vereins gepusht werde. Hofmann-Eifler nennt hier beispielsweise die Infrastruktur. Die A 65 mache es möglich, dass man Zentren wie Mannheim und Karlsruhe schnell erreicht, die Gegend sei schön, sagt der gebürtige Westfale, der von seiner Wahlheimat schwärmt – und er werbe für sie bei seiner Lehrtätigkeit an der Heidelberger Uni.

Die ganze Südpfalz? Nein, leider nicht. Je näher man an den Pfälzerwald rücke, desto schwieriger werde es, Ärzte zu finden, die sich dort ansiedeln wollen. Hauptgrund: die schlechte Infrastruktur dort. Und das Problem sei gravierend: Es gebe Kollegen in der Gegend um Bad Bergzabern und Dahn, die zum Teil bis zu 2000 Patienten im Quartal alleine zu bewältigen hätten. Diese seien an der Grenze zur Überlastung, ohne dass Nachfolger in Sicht seien.

Umdenken bei Politik und Medizinern

Was kann passieren? Die beiden Vorsitzenden hoffen unter anderem auf mehr Engagement durch die Kommunen. Eine Möglichkeit wäre, dass diese Räume für Ärzte zur Verfügung stellten. Sich als Arzt selbstständig zu machen sei immer ein Risiko. Eine Praxis koste zunächst Geld. Ein Neuling komme an die nötigen Finanzmittel durch Kredite. Was, wenn er diese nicht mehr bedienen kann oder Fehler mache, die in der nicht vorhandenen kaufmännischen Ausbildung begründet liegen? Auch deshalb entschieden sich mehr Absolventen, lieber in etablierten Betrieben wie Krankenhäusern zu arbeiten. Sicheres Gehalt, geringeres Risiko. „Die psychologische Hemmschwelle, sich in eigener Praxis niederzulassen, ist groß. Wir versuchen als Verein, bei diesen Ängsten anzuknüpfen und die jungen Kollegen an die Hand zu nehmen. Das gelingt uns zunehmend besser“, erläutert Hofmann-Eifler.

Ein Umdenken bei der Politik, vor allem in den Kommunen, sei zu bemerken, führt Hofmann-Eifler aus. Bei einem Symposium in Annweiler im vergangen Jahr sei viel über die Misere diskutiert worden. Die beiden Ärzte nehmen wahr, dass sich beispielsweise Landräte Gedanken machten und nach Lösungen suchten. Hilfreich ist, dass mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Gebhart ein Südpfälzer Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium ist. Er sei sehr engagiert und offen für Ideen, die er in Berlin anbringe.

Neue Praxismodelle sollen auch mehr Frauen locken

Nicht nur bei der Politik, auch bei den Ärzten selbst gebe es ein Umdenken, das auch durch die jungen Leute befördert werde. „Neue Praxismodelle waren in den vergangenen Jahren undenkbar.“ Zur Zeiten der Ärzteschwemme sei die Konkurrenz unter den Kollegen nachvollziehbar größer gewesen. Das sei deutlich zurückgegangen. Durch die gemeinschaftliche Arbeit würden zudem möglicherweise mehr junge Frauen sich in Praxen niederlassen – Teilzeitstellen und andere Modelle seien jetzt möglich. In einer Einzelpraxis wäre das früher undenkbar gewesen, erläutert Schubert. Auch so bekomme man mehr ausgebildete Ärzte in die Fläche, damit der Bevölkerung keine Unterversorgung droht.

Info

www.suedpfalzdocs.de, E-Mail: kontakt@suedpfalzdocs.de

Die Spitze der Südpfalz-Docs: Vorsitzender Jonas Hofmann-Eifler (links) und Stellvertreter Dominik Schubert.
Die Spitze der Südpfalz-Docs: Vorsitzender Jonas Hofmann-Eifler (links) und Stellvertreter Dominik Schubert.
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