Rheinpfalz Im zehnten Jahr das Sprachrohr kranker Menschen

Seit neun Jahren Patientenfürsprecher am Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern: Rainer Becker. Seine Amtszeit endet im September.
Seit neun Jahren Patientenfürsprecher am Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern: Rainer Becker. Seine Amtszeit endet im September.

Ob das Toilettenpapier zu dünn oder ob in der Notfallambulanz stundenlanges Warten angesagt ist: Wer mit den Zuständen im Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern unzufrieden ist, der kann sich an Rainer Becker wenden. Der ist Patientenfürsprecher und leitet die Kritik an die zuständigen Stellen weiter.

Um es gleich klarzustellen: Das mit dem dünnen Toilettenpapier ist kein Witz. Es ist tatsächlich Gegenstand einer Beschwerde gewesen, die beim Patientenfürsprecher einging. Der schrieb in dem Fall ausnahmsweise keinen Bericht, brachte ihn auch nicht bei der Klinikleitung vor. Vielmehr riet er dem Beschwerdeführer auf dem kurzen Dienstweg, das Papier doch einfach doppelt zu nehmen. Becker ist im zehnten Jahr „Sprachrohr der Patienten“, wie er es formuliert, und kann einige witzige Anekdoten erzählen. Die bilden aber die Ausnahme, überwiegend geht es um ernsthafte Themen. Ganz oben auf der Liste der Beschwerden steht die Notaufnahme, dabei hagelt es vor allem Kritik an den langen Wartezeiten. Fünf bis sechs Stunden Warten sei üblich, besonders schlimm sei es Freitagabends und an Wochenenden, wenn Arztpraxen geschlossen sind. Dann kämen viele Leute in die Notfallambulanz, auch solche, bei denen kein Anlass bestehe, die „nur ein bisschen Husten“ hätten und den Betrieb aufhielten. So müsse oft mit längeren Wartezeiten gerechnet werden, erst wenn die bei acht bis neun Stunden lägen, widme er sich einem Fall, trage die Beschwerde dann nach oben. Ebenso im Mittelpunkt der Kritik steht Haus 19, das frühere Schwesternwohnheim. Wer dort liege, werde bei Operationen, Röntgen oder Untersuchungen mit dem Krankenbett über den Hof geschoben. „Ein unhaltbarer Zustand“, sagt Becker. Bei seinem Amtsantritt habe er zu hören bekommen, das frühere Schwesternwohnheim werde noch zehn Jahre benötigt, jetzt heiße es, man brauche es noch weitere fünf Jahre. Ebenfalls unhaltbar im Haus 19 seien die kleinen Krankenzimmer und die hygienischen Zustände mit nur einer Toilette und einem Bad auf dem Flur. Auch in den Bauten 8, 9 und 10 gebe es eine Menge Zimmer ohne Bad, so Becker. In dieser mangelnden Hygiene sieht er auch die Ursachen für Krankenhauskeime. Toiletten würden von zehn bis zwölf Leuten benutzt, oft auch noch von Besuchern, die dort nichts verloren hätten. Die Lage werde dadurch verschärft, dass es keine festen Besuchszeiten gibt, dass jeder zu jeder Tageszeit kommen könne. Mitunter kämen Leute in Arbeitsklamotten, etwa der Dachdecker, der gerade ein Eternitdach abgedeckt habe, das verschärfe die Hygieneprobleme, dadurch verbreiteten sich Keime. Ebenfalls ständig Anlass zur Klage gebe der Fahrdienst, der Patienten zum Röntgen oder anderen Untersuchungen und zurück ins Zimmer bringe. Patienten, die die Untersuchung hinter sich hätten und warteten, sähen oft Pfleger, die einen neuen Patienten bringen und wieder weggehen – und schimpften dann, weil sie nicht gleich mit auf ihre Station gebracht werden. Dies sei aber nicht möglich, weil der Fahrdienst computergesteuert sei. Aber er funktioniere offensichtlich nicht richtig, so Becker. Nach Beschwerden von Patienten sieht sein Vorgehen so aus, dass er zunächst Kontakt zur Station aufnimmt. Kommt er dort nicht weiter, redet er mit dem Chefarzt. Wenn dieses Gespräch zu nichts führt, fertigt Becker einen Bericht an und wendet sich an den Klinikum-Geschäftsführer Peter Förster, dessen Sekretariat umgehend antworte. In der Regel ließen sich Fälle aber auf der Station klären, es bestehe ein gutes Verhältnis zu den Chefärzten. Der Patientenfürsprecher genieße dort ein hohes Ansehen. Alles was Becker das Jahr über unterkommt, fließt in seinen Bericht an die Landesregierung ein. Kernpunkte des Berichts sind seit Jahren die Forderungen, dass die Notfallambulanz vergrößert werden müsse, um Patienten mehr Privatsphäre zu ermöglichen, und dass jedes Zimmer ein Bad mit Toilette haben müsse, um die Keimgefahr klein zu halten. Grundmisere sei jedoch, dass das Klinikum unterfinanziert sei, dass es zu wenig Personal habe. Wie sieht der Patientenfürsprecher das Lauterer Klinikum? Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: „Nicht besser und nicht schlechter als andere Krankenhäuser.“ Fast alle Kliniken hätten mit den gleichen Problemen zu kämpfen. Die Zahl der Beschwerden, die er entgegennehme, sei Jahr für Jahr relativ konstant. „Die Klagen sind nicht eklatant gestiegen, aber auch nicht weniger geworden.“ Warum übernimmt er die schwierige Aufgabe? „Aus Idealismus“, sagt Becker. Der 77-Jährige macht das gerne, hat noch andere Ehrenämter, kritisiert aber heftig: „Ehrenamtler sind bei der Stadt nicht gut angesehen.“ So sei er als Patientenfürsprecher und trotz anderer Ehrenamtsfunktionen noch nicht mal zum Neujahrsempfang der Stadt eingeladen worden. Ihm fehle die Anerkennung für seine Arbeit. Bis September ist Becker noch im Amt, dann wird ein neuer Patientenfürsprecher gewählt. Bis dahin will er sich überlegen, ob er seine Tätigkeit noch weiter ausübt. Info Am Standort Kusel gibt es ebenfalls einen Patientenfürsprecher. Die Aufgabe hat Volker Zimmer inne. Er ist erreichbar donnerstags von 15 bis 16 Uhr in Zimmer 1.60 (Verwaltung, erstes Obergeschoss). Telefon: 06381 935160 oder 0160 7862256.

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