Kreis Südwestpfalz So laut wie ein Düsenjäger

Kein Nachbar hat sich beschwert, dass die Kinder zu laut seien. Und auch der Lärm von außen, beispielsweise bei startenden Flugzeugen auf dem Zweibrücker Flughafen, drang nie merklich ins Gebäude des protestantischen Kindergartens Hornbach. Dennoch haben die protestantische Kirchengemeinde und die Stadt Hornbach vor zwei Wochen rund 10 000 Euro in die Schalldämmung des Kindergartens investiert. Grund war der Lärm der Kinder innerhalb des Gebäudes, der zu einer Schallkulisse geführt hat, die mit der Lautstärke eines startenden Düsenjets vergleichbar ist.

„Anfangs war es reine Neugierde. Bei uns im Haus ist es schon immer sehr laut. Irgendwann kam im Kollegenkreis die Frage auf, ob man den Lärmpegel im Kindergarten nicht mal messen lassen sollte“, erinnert sich Kindergartenleiter Tilmann Feitt. Im Mai 2011 kamen Mitarbeiter der BAD Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik aus Bonn und maßen die alltägliche Geräuschkulisse, der Kinder und Erzieherinnen ausgesetzt waren. Mit erschreckendem Ergebnis: Lautstärken zwischen 78 und 92 Dezibel Schalldruck zeichneten die Mitarbeiter auf. 80 Dezibel Schalldruck erzeugt beispielsweise ein Presslufthammer, 90 Dezibel erzeugt ein startendes Düsenflugzeug, bei langfristiger Einwirkung von 85 Dezibel drohen Gehörschäden. „Zwar hat sich noch keine Mitarbeiterin über Pfeifen im Ohr oder Hörprobleme beschwert, aber wir mussten handeln. Unser Problem war auch nicht, dass die Kinder lauter sind als in anderen Kindergärten, sondern die Bauweise des Kindergartens“, sagt Feitt. Holzpaneele an Wänden und Decke, die jeden Schall zurückwerfen, statt ihn zu schlucken, dazu große Fensterfronten, die Schall wie ein Spiegel zurück in den Raum werfen, waren die Hauptursache des hohen Lärmaufkommens im Kindergarten. Über drei Jahre nach den Lärmmessungen, in denen Kirchengemeinde als Träger und die Stadt Hornbach, die sich per Vertrag an den Unterhaltskosten des Kindergartens beteiligt, nach einer Lösung gesucht haben, ist seit zwei Wochen zwar nicht himmlische Ruh’ in den Räumen und auf dem Flur des Kindergartens, doch die Grundlautstärke ist merklich leiser geworden. Denn vor zwei Wochen hat eine Firma aus Bayern spezielle feuerfeste offenporige Schaumstoffplatten als Schallschlucker an Wänden und Decken verklebt. Drei Tage lang hatten die Mitarbeiter bei laufendem Kindergartenbetrieb zu tun, und das Ergebnis überzeugt die 13 Erzieherinnen und Praktikantinnen genauso wie die 45 Kinder. „Es ist ungewohnt leise, beispielsweise im großen Turnsaal, der immer stark gehallt hat. Daran müssen wir uns erst einmal gewöhnen. Früher haben wir uns auch über den langen Gang etwas zurufen können, das geht heute kaum noch, weil der Schall tatsächlich von den Platten geschluckt wird“, erzählt der Kindergartenleiter. 4000 Euro hat die Kirchengemeinde in die weißen Schaumplatten investiert, 6000 Euro die Stadt als Unterhaltskostenanteil, in beiden Fällen inklusive Privatspenden, dem Erlös eines Benefizkonzertes des Hornbacher Gesangvereins, der Spenden aus drei Zumbathon-Veranstaltungen in der Pirminiushalle sowie Eigeninitiativen der Erzieherinnen. Beim Kreis wurde zudem ein Zuschuss beantragt. „Das war die beste und gleichzeitig günstigstes Lösung. Wir hatten Angebote über dreimal so hohe Summen“, freut sich Tilmann Feitt heute. Sowohl in den Gruppenräumen der drei Kindergartengruppen als auch in der Turnhalle, dem Essraum und im schlauchartigen Flur ist es jetzt merklich leiser. (mml)

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