Hauenstein/Dahn Einladung zum letzten Hungermarsch

Oft 350 Teilnehmer sammelten sich beim Hungermarsch am Winterkirchel, das die Wanderer in einem Sternmarsch angesteuert hatten.
Oft 350 Teilnehmer sammelten sich beim Hungermarsch am Winterkirchel, das die Wanderer in einem Sternmarsch angesteuert hatten.

Der 44. Hungermarsch in der Region Hauenstein/Dahn wird der letzte sein. Damit endet eine Tradition tätiger Nächstenliebe, die der „Freundeskreis Chile“ 1979 begründet hatte. Seither wurden rund zwei Millionen Euro für (Straßen-)Kinder in Chile erwirtschaftet. Am 10. September heißt es zum letzten Mal „Kindern eine Zukunft geben – Wandern für die Andern“.

Dass die Tradition stirbt, erklären die Aktiven um Lioba Uhl und Karl Meyerer so: „Mittlerweile sind viele unserer Helfer und Helferinnen verstorben oder in einem Alter, in dem sie nicht mehr die Kraft haben, das Herzensprojekt weiterzuführen.“ Man habe vergeblich nach engagierten Nachfolgern gesucht. Weil man nicht fündig wurde, „wird dies mit Tränen in den Augen und schweren Herzens unser letzter Hungermarsch sein“.

Den Ausgang hatte das Hilfswerk 1979 genommen: Im „Ochsen“ hatten sich Aktive und Ehemalige aus der Pfadfinderschaft St. Georg und dem Bund der Katholischen Jugend (BDKJ) mit dem aus Pirmasens stammenden Chile-Missionar Paul Oden getroffen. Bruder Paul brauchte Hilfe für seine Jugendarbeit in Chile. Der Steyler-Ordensmann wusste zu überzeugen und zu motivieren: Der „Freundeskreis“, wie sich die Gruppe nannte, verpflichtete sich, zunächst monatlich 300 Euro für Paul Odens Straßenkinderprojekt aufzubringen.

An der Christkönigskirche in Hauenstein wird der Gottesdienst gefeiert.
Hauenstein

So läuft der letzte Hungermarsch

Mehr Einnahmen als erhofft

Und man wagte sich – nach Altpapiersammlungen und ähnlichen Aktionen – auch an die Durchführung eines Hungermarschs, wie sie Hermann Groß in der gesamten Diözese propagierte. Das Prinzip: Die Wanderer suchen Sponsoren, die bereit sind, für jeden gelaufenen Kilometer einen bestimmten Betrag für das Chile-Projekt zu spenden. „Die zaghaft erwartete Höhe an Spendengeldern wurde weit übertroffen“, heißt es in einem Rückblick des Freundeskreises auf die ersten Hungermärsche.

War früher das Ziel auch mal in Münchweiler oder in Dahn, so festigte sich schließlich die Praxis, den Hungermarsch als Sternmarsch zum Winterkirchel durchzuführen. Junge und Alte, Große und Kleine, Einzelwanderer und ganze Gruppen aus Hauenstein, Dahn, dem Dahner und dem Rimbachtal machten sich alljährlich zu der zentral gelegenen Waldkapelle auf, um dort Gottesdienst zu feiern und die Gemeinschaft zu pflegen. Corona zerschoss diese Form: In den letzten Jahren traf man sich – nach einer vorgeschalteten Wanderung – auf dem Vorplatz der Hauensteiner Christkönigskirche.

Mit den Spenden werden Kinderheime unterstützt

Seit 44 Jahren fließen die Hungermarschgelder und die Erlöse aus Patenschaften und Verkaufsständen bei örtlichen Festen an die Kinderheimstiftung „Verbo Divino“, die im Süden Chiles und in der Hauptstadt Santiago Kinderheime und Tagesstätten unterhält. Zuletzt konnten jährlich rund 50.000 bis 60.000 Euro überwiesen werden – Gelder, die vor Ort genutzt werden konnten, um die Heime zu unterhalten, um Mobiliar zu erneuern, um Lebensmittel zu kaufen, um Personal zu bezahlen, um die schulische und berufliche Ausbildung der Kinder und Jugendlichen zu unterstützen oder um den Kindern Freizeitaktivitäten zu ermöglichen.

2022 konnten beispielsweise die Schlafräume und die Sanitäranlage im Heim San Arnoldo renoviert und saniert werden. So hat der Freundeskreis Jahr für Jahr maßgeblich dazu beigetragen, dass „sich das Leben der Heimkinder sehr verbessert hat“, wie der Freundeskreis bescheiden konstatiert. Eng verknüpft mit allen Aktivitäten des Freundeskreises war der Name Urban Seibel, der vor zehn Jahren starb und posthum mit der Verdienstmedaille des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet wurde: Er war „von allem Anfang an unsere allerwichtigste Person“, heißt es aus dem Kreis der Verantwortlichen: Er war Mitbegründer des Freundeskreises, bei ihm liefen alle Fäden zusammen. „Er war Kopf, Herz und Hand unserer Gemeinschaft.“

Der vor zehn Jahren verstorbene Urban Seibel war „Kopf, Herz und Hand“ des Freundeskreises und damit des Hungermarschs.
Der vor zehn Jahren verstorbene Urban Seibel war »Kopf, Herz und Hand« des Freundeskreises und damit des Hungermarschs.
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