Kreis Südwestpfalz Die Vorboten des Winters

Die Trompetentöne der Kraniche waren schon deutlich zu hören, und die Keilform ihrer typischen Flugformation war ungewöhnlich früh schon Mitte Oktober über der Sickinger Höhe zu sehen. Größere Schwärme sind in der ersten Novemberwoche in dunkler Nacht für viele unbemerkt über unsere Region hinweg gezogen. Die Vogelexperten des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) im Zweibrücker Land gehen nach dem Lärm und den Mitteilungen einiger Dorfbewohner von mehr als 1000 Vögeln aus.

Kaltes Wetter hatten die Vögel aber nicht gleich mitgebracht, auch wenn sie im Volksmund manchmal als „Schneegänse“ bezeichnet werden, die als Vorboten des Winters gelten. In Skandinavien und auch in der griechischen Sagenwelt werden die Kraniche als „Vögel des Glücks“ bezeichnet, da mit ihnen im Frühjahr wieder die Helligkeit und die wärmere Zeit zurückkehren. Für die Bewohner des hohen Nordens ist das Ende der Monate dauernden Dunkelheit schon ein besonderes Glücksgefühl, was mit dem Eintreffen dieser Wasservögel verbunden wird. Auf der Insel Rügen, am Müritzsee, in Brandenburg, der großen Mecklenburgischen Seenplatte und vereinzelt in Niedersachsen waren Anfang November noch über 100 000 Kraniche auf Futtersuche. Sie brauchen diese Trittsteine in unserer Landschaft, um ihren Energiespeicher für die beschwerliche Flugreise aufzuladen. Die abgeernteten Maisfelder und Getreidefelder mit den energiereichen Körner sind bei den Kranichen bliebt. Die Bauern im hohen Norden sind erfreut, wenn die Maisfelder gesäubert werden, denn sind die ausgefallenen Körner alle aufgesammelt, dann haben die Landwirte Ruhe vor den Wildschweinen. Kraniche fressen jedoch auch Insekten, Würmer, Beeren, Fische, Frösche und Kartoffeln, sodass man sie auch als Allesfresser bezeichnet. In 200 bis 1000 Metern Höhe fliegen die Vögel mit einer Spannweite von 2,40 Metern über die Landschaft dahin. Bei guter Thermik werden sie noch deutlich höher in die Lüfte getragen. Sie nutzen gerne das gute Flugwetter, um Kräfte zu sparen. Haben sie Rückenwind und ideale Aufwinde, dann fliegt diese größte Vogelart in unseren Breiten ohne Rast bis zu 2000 Kilometern. Die Hakenform ihrer Flugformation dient der Kraftersparnis, um besser durch die Windfront gleiten zu können, erklärt Peter Spieler vom Nabu. Die Kraniche sind quasi die Vorbilder für die Radfahrer, die diese Technik ebenfalls bei den Radrennen anwenden. Sollte die winterlichen Temperaturen von Skandinavien über die Ostsee herüberschwappen und auch das Wetter in den baltischen Staaten Estland, Lettland, Litauen und auch Weißrussland beeinflussen, dann werden Zehntausende von Kranichen die Flucht in ihre Überwinterungsquartiere nach Frankreich, Spanien und in geringerer Zahl nach Portugal und Nordafrika ergreifen, erzählt Hans Göppel vom Nabu in Zweibrücken. Das Moseltal ist ein beliebter Durchzugskorridor für die Kraniche. Flüsse und Gebirgszüge sind schon immer natürliche Orientierungshilfen für Zugvögel. (hac)

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