Kreis Südwestpfalz „Die Landwirte wie Schulbuben behandelt“

„Der Umgang der Hochwald-Molkerei mit den Milchbauern hat uns nicht weiter gefallen“, sagte Karl-Hubert Brodback, Beirat der Milcherzeugergemeinschaft (MEG) Rheinland-Pfalz-Saar, auf einer Informationsveranstaltung am Mittwoch in Niederhausen im Restaurant „Zum Hannes“. Ab 2016 würden daher 72 Landwirte ihre Milch nicht mehr an die Genossenschaftsmolkereien Hochwald in Thalfang und Arla in Pronsfeld in der Eifel abliefern, sondern auf dem freien Markt gemeinsam verkaufen.

Eine MEG sei in Rheinland-Pfalz total neu gewesen, so dass die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier sich zunächst einmal über eine solchen wirtschaftlichen Verein schlau machen musste, berichtete Herbert Müller, Vorstandsmitglied aus Üttfeld in der Eifel, über die Gründung. Im Oktober 2011 sei sie dann als Erzeugergemeinschaft anerkannt worden. „Aktuell läuft über uns bereits die Milch von 52 Betrieben“, berichtete der Milcherzeuger. Die ursprüngliche MEG Rheinland-Pfalz habe sich Anfang April dieses Jahres in MEG Rheinland-Pfalz-Saar umbenannt, weil die MEG inzwischen zehn Prozent der saarländischen Milch vermarktet. Die neue Satzung ermögliche es auch, Erzeuger aus den benachbarten Gebieten Lothringen, Luxemburg und Belgien aufzunehmen. Ab Anfang 2016 wird das Hochwald-Werk in Kaiserslautern von Martin Maas vom Mastauhof aus Homburg-Schwarzenbach keine Milch mehr bekommen. Die Molkerei setze die Landwirte unter Druck. Ein Schreckgespenst gehe um, erklärte er auf Nachfrage der RHEINPFALZ. Mit seiner Kündigung bei der Molkerei wolle er deutlich machen, dass es so wie bisher nicht weitergehen könne. „Wir sollen uns wie Unternehmer verhalten, aber die Milch abliefern, ohne überhaupt zu wissen, was wir dafür bekommen“, kritisiert er seinen Noch-Abnehmer. Dieser würde die Wertschöpfung aus der Rohmilch nicht an die Erzeuger weitergeben. Die Marktstellung werde dafür genutzt, sich eine gute Marge zu sichern. Die Bauern erhielten das Restgeld. Der Milchviehhalter: „Um einen fairen Preis zu erhalten, habe ich Neuland betreten.“ Ganz so neu seien die Milcherzeugergemeinschaften gar nicht, informierte Axel Walterschen, Vorstandsmitglied aus Seifen im Westerwald. 2006 sei in Süddeutschland die Bayern MEG gestartet. Die Dachorganisation von zurzeit 66 Milcherzeugergemeinschaften und -liefergenossenschaften würde über zwei Milliarden Kilogramm Milch bündeln. Obwohl die Großmolkerei Hochwald gegen die MEGs vehement wettere, kaufe sie Milch bei der Bayern MEG. „Durch ein intelligentes Miteinander von mehreren MEGs besteht auch nach Änderung des Marktstrukturgesetzes die Möglichkeit, über 30 Prozent der produzierten Milchmenge in Bauernhand zu vermarkten“, versuchte der Westerwälder die neue Erzeugergemeinschaft schmackhaft zu machen. „Wir sagen nicht wie die Molkerei: Wir nehmen alles. Die Liefermenge muss zum Jahresanfang angegeben werden. Bei uns weiß man aber den Preis.“ „Man hat die Landwirte wie Schulbuben behandelt“, erzählt Brodback, Milchbauer vom Hofgut La Motte in Lebach, der als Molkerei-Vertreter der Bauern aktiv war. „Die Hochwald GmbH macht das aktive Geschäft. Der einzelne Bauer hat keinen Einfluss mehr darauf.“ Seine ehemalige Molkerei sei für ihn keine echte Genossenschaft. Die Milchviehhalter sollten einmal über die nicht mehr zeitgemäße Abnahme- und Andienungspflicht und die damit verbundene Hürde zu einem funktionierenden Wettbewerb nachdenken. Wie lange die Lieferverträge mit den Milchaufkäufern laufen, wollte Uli Schnöder vom Fuchshof in Hermersberg wissen. Der momentane Vertrag mit der Berliner Milcheinfuhr-Gesellschaft laufe fünf Jahre, antwortete Müller. „Es gibt MEGs in Norddeutschland, die verhandeln vierteljährlich.“ Die Verhandlungen mit den Vertriebspartnern oder Verarbeitern seien bisher immer fair in Augenhöhe abgelaufen. Es gehe keine Milch in den sogenannten Spotmarkt wie bei der angedienten Milch üblich. Der Vorstand hob heraus, dass bei der MEG alle Verantwortlichen der Milchvermarktung gleichzeitig auch Lieferanten seien – anders als bei den Großmolkereien. Durch die Selbstvermarktung bewahre der Milchbauer seine Eigenständigkeit. (urr)

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