Südwestpfalz Der Kiebitz ist nur noch selten zu sehen

Die winzige Schlickinsel ist eine sichere Futterstelle für den Kiebitz. In seiner Nachbarschaft sind Nilgänse und die sich putze
Die winzige Schlickinsel ist eine sichere Futterstelle für den Kiebitz. In seiner Nachbarschaft sind Nilgänse und die sich putzende Nutria.

Ein Wiesenvogel, der flaches Wasser mag, ist Vogel des Jahres 2024. Der Kiebitz punktet nicht nur mit seinem kontrastreichen Gefieder. Vor mehr als 25 Jahren wurde er auf der Sickinger Höhe zum letzten Mal gesehen.

An der Wahl im Internet zum Vogel des Jahres 2024 haben sich rund 120.000 Naturfreunde beteiligt. Der vom Aussterben bedrohte Kiebitz machte mit 33.000 Stimmen das Rennen. Es folgte der Steinkauz mit 26.000 Stimmen. Wie andere Wiesen- und Feldflurbewohner – Feldlerche, Wachtel, Wiesenpieper Schwarzkehlchen oder Braunkehlchen – ist er bei uns kaum mehr anzutreffen.

Ältere Mitglieder des Naturschutzbunds im Zweibrücker Land erinnern sich noch, dass es auf dem Lammsberg an der Gemarkungsgrenze von Battweiler und Niederhausen über einen Zeitraum von vier Jahren ganz wenige Brutpaare gab. Die Wiesensenke zum Wald des Hohlbachs und das umgebende Ackerland sind deutlich feuchter, was dem Vogel und seinem Nachwuchs ausreichend Nahrung beschert. Außerdem entwickelt sich in diesem Feldbereich mit Staunässe nach der Winterzeit die Vegetation später und lückenhafter. Dies ist im Sinne dieses Wiesenbrüters. Das Wiesengelände am Oberhauser Berg ins Wallhalbtal war 1996 für mindestens 300 durchziehende Kiebitze fast den gesamten März hindurch ergiebiger Futterplatz auf der Durchreise ans Wattenmeer und die nordischen Seenlandschaften. Mit der zunehmenden Trockenheit und dem immer üppigeren Grasaufwuchs blieben die Kiebitze dem Biotop fern.

Zwischen Nilgänsen

Im Bliesgau ist der Kiebitz noch zu finden. Ende Oktober, als die Blies vom vielen Regen angestiegen war und das Wasser auf den Wiesen stand, waren dort zwei schwarzweiße Vögel zu entdecken. Einer stand auf einer schmalen Schlickinsel zwischen Nilgänsen. Der Kiebitz stochert mit seinem spitzen Schnabel gerne im feuchten Wiesenboden. Darum liebt er auch dauerhaft gefüllte Wassermulden, wo er im Schlammbereich Insekten, Larven, Schnecken, Spinnen und Regenwürmer findet. Er mag Samen und Früchte von Wiesenpflanzen als ergänzende Nahrung. Das Kiebitzweibchen sucht Brutplätze mit kurzem Gras, wo es eine gute Rundumsicht hat. Sichtbarrieren und Büsche im Umfeld des Nests mag es nicht. Das wäre ihm zu gefährlich, da es seine Feinde – Fuchs, Katze, Hund, Marder, Greifvögel, Möwen, Wildschweine und Rabenvögel – frühzeitig erkennen will.

Die stark gedüngten Fettwiesen sind kein Lebensraum mehr für den Kiebitz. Das dichte Gras behindert ihn und vor allem den Nachwuchs, wenn er mit den Eltern auf Wanderschaft geht. Zudem wird das Gras bei der modernen Feldbewirtschaftung mehrmals gemäht, sodass die Kiebitze ihre Gelege nicht mehr durchbringen. Genau dies passiert auch auf den Feldern, wo immer wieder Arbeitsgänge oder Spritzungen vorgenommen werden. Mit diesen Veränderungen in der bäuerlichen Kulturlandschaft wurde ein dramatischer Artenverlust eingeleitet, berichtet der langjährige Vogelkenner des Naturschutzbunds Deutschland im Zweibrücker Land, Hans Göppel. Eine Untersuchung für den Nationalen Vogelschutzbericht zur Übermittlung der Daten an die EU-Kommission habe ergeben, dass seit 1980 die Vögel der Wiesen und Felder um 34 Prozent abgenommen haben. Das habe zu einem Verlust von zehn Millionen Brutpaaren bis ins Jahr 2020 geführt. Beim Kiebitz beträgt der Artenschwund innerhalb der vergangenen 25 Jahre sogar rund 90 Prozent.

Schutzmaßnahmen für Rückkehr bedrohter Arten

Darum brauche es echte Schutzmaßnahmen für den Vogel des Jahres, wie sie der Naturschutzbund (Nabu) in den Marschen der Küstenregionen, an den Vordeichwiesen, Flussniederungen Ostdeutschlands und Mooren erprobt hat, findet Miriam Krumbach, die Vorsitzende des Nabu im Zweibrücker-Land. Es gehe auch mit einem Kiebitzfenster in einem Feldbereich, wo Bodenfeuchtigkeit und ein schütterer Bodenbewuchs gegeben sind und die Vögel geduldet werden. Dies bedeute, dass der Landwirt in Absprache Bereitschaft zeigt, eine Fläche von 100 bis 150 Quadratmetern je nach Bedarf und gegen eine Entschädigung nicht zu bewirtschaften, damit der Vogel des Jahres ungestört seine Brut durchbringen kann. Es brauche ein verständnisvolles Miteinander, wenn „wir in unserem wertvollen Lebensraum die Tierwelt nicht völlig ausrotten wollen“, mahnt Krumbach.

In Niederbayern habe es sich bewährt, eine größere feuchte Muldenwiese mit spärlichem Grünbewuchs einzuzäunen, damit es kaum noch eine Störung durch natürliche Feinde, die Bewirtschaftung und den Menschen gibt. Dort wurden Kiebitz, Schwarzkehlchen, Braunkehlchen und der Wiesenpieper wieder heimisch. Wiesenvögel sind Bodenbrüter, sodass ihre Nester, Gelege und der Nachwuchs vielen Gefahren ausgesetzt sind, berichtet Nabu-Vogelkenner Norbert Fakundiny aus Kleinsteinhausen. Vor über 15 Jahren habe es bei Vinningen, Petersberg, Bottenbach, Mauschbach im Bruch und Kleinsteinhausen noch vereinzelte Bruten gegeben.

Der Kiebitz ist vom Aussterben bedroht.
Der Kiebitz ist vom Aussterben bedroht.
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