Kreis Südwestpfalz Als die Arbeiter kein warmes Mittagessen mehr bekamen

Heftiger Streit entbrannte im Januar 1917 um den Fahrplan der Hornbachtalbahn. Wegen des Kriegs wurden Verbindungen nach Zweibrücken gestrichen. Dagegen wehrten sich die Arbeiter. Sie forderten einen Mittagszug, um ein gekochtes Mittagessen zu bekommen.

Lautstark protestierten die Orte Hornbach, Rimschweiler, Mauschbach und Dietrichingen gegen die Streichung des Mittagszugs nach Zweibrücken. Gleich beim Ministerium für Verkehrsangelegenheiten machten die Ortsvorsteher auf den Missstand aufmerksam. Am 21. Januar 1917 fand deshalb in Hornbach eine Eisenbahnversammlung statt, auf der sich die Obrigkeit die Sorgen anhören wollte. Der damals schon erscheinende Pfälzer Merkur berichtete ausführlich davon. Seit 1913 gab es eine Schienenverbindung zwischen Zweibrücken und Hornbach, die später bis Brenschelbach verlängert wurde. Die Eisenbahn nutzten vor allem die Arbeiter, die in den zahlreichen Zweibrücker Industriebetrieben ihren Lohn verdienten. Im dritten Kriegsjahr pendelten täglich rund 180 Arbeiter und zunehmend auch Arbeiterinnen nach Zweibrücken. Hinzu kamen etwa 25 Schüler. Morgens brachten zwei Züge um 5.45 und um 6.45 Uhr die Arbeiter in die Betriebe und fuhren sie abends um 18.30 Uhr wieder zurück. Den Mittagszug musste die Eisenbahndirektion im Laufe des Krieges streichen, da es nicht mehr genug Loks und Waggons gab. Das hatte für die Arbeiter ungeahnte Folgen. Sie waren es gewohnt, über einen mit der Eisenbahn verschickten Henkelmann am heimischen Mittagessen teilzuhaben. Gekochte Kartoffel- oder Steckrübensuppe statt Butterbrote, darauf kam es ihnen an. Im Krisengespräch von 1917 wurde auf die strategische Bedeutung eines von der Familie gekochten Mittagessens aufmerksam gemacht. „Dieser Grund sei sogar von Einfluss auf die Arbeiterzahl, indem tatsächlich mehr Arbeiter zu haben seien, wenn ihnen von daheim ein warmes Mittagessen geliefert werden könnte. Gerade jetzt zur Kriegszeit und bei der Nahrungseinschränkung sei es für die Arbeiter von großem Wert, wenn sie aus demselben Kochtopf wie die Familie essen könnten, anstatt sich ihr Mahl mitzunehmen“, meldete die Zeitung am 21. Januar 1917. Doch auf Lokalbahnen von der Bedeutung Hornbach-Zweibrücken durften zu Kriegszeiten nicht mehr als drei Zugpaare verkehren. Bürgermeister Weber aus Mauschbach und Pfarrer Schuler aus Hornbach schlugen vor, die Betriebe in Zweibrücken sollten zur selben Zeit anfangen, damit morgens ein Zug eingespart werden könne. Dies lehne die Industrie aber ab, berichtete Bürgermeister Roesinger aus Zweibrücken, der dazu eine Rundfrage veranlasst hatte. Bürgermeister Kipp aus Hornbach betonte, einheitliche Anfangszeiten brächten nicht nur die Industrie in Schwierigkeiten. Auch die Schüler kämen mit einem einzigen Arbeiterzug zu früh in die Stadt. Die Versammlung verständigte sich darauf, dass wegen besonderer Umstände der Essenszug zu Mittagszeiten erhalten bleiben müsse. Die Eisenbahndirektion wurde aufgefordert, eine Ausnahme von den kriegsbedingten Beschränkungen zu machen. Ob die Direktion auf die Forderung einging, ist nicht bekannt.

x