Herxheim/Pfälzerwald Workshop: Häkeln statt auf dem Smartphone tippen
15- und 16-jährige Jugendliche des Pamina-Schulzentrums Herxheim nehmen an einer Aktion teil, die zurzeit in der ganzen Südpfalz läuft: Sie häkeln ein Stück Pfälzerwald. Aus der kreativen Kleinstarbeit soll ein großes Kunstobjekt, „Waldwunder“ genannt, entstehen. Über 100 Frauen aus der Region und darüber hinaus haben sich begeistern lassen und steuern gehäkelte Pilze, Blüten, Blätter, Flechten und vieles mehr dazu bei. Die Darmstädter Künstlerin Konnie Keller wird die Einzelstücke, die bis Anfang März fertig werden, zusammenfügen zu einem großen Spektrum des Pfälzerwaldes.
Die Idee kommt von der Kunstlehrerin
Jetzt sind also auch noch Jugendliche vom Häkelfieber infiziert. Schuld daran ist ihre Kunstlehrerin Stefanie Braun, die von Anfang an selbst Teilnehmerin des Waldwunder-Projekts ist. Sie kam auf die Idee, Schülerinnen und Schüler über das Unterrichtsfach Kunst fürs Mithäkeln zu motivieren. Nicht zum ersten Mal. Schon vor zwei Jahren hatten sich Jugendliche aus der Pamina-Schule am „Great Barrier Reef“ beteiligt, dem Prototyp aller Häkel-Kunstwerke, das dann im Frieder-Burda-Museum in Baden-Baden ausgestellt wurde. Die Begeisterung war enorm, erzählt Stefanie Braun.
Auch diesmal hat das Projekt Rückenwind. Ein Aufruf zu Garn- und Wollspenden hatte viel Erfolg. Kistenweise landete Material in der Schule. Alles, was nach Pfälzerwald aussieht - also nicht gerade Wolle in grellblau oder knallpink, sondern eher erdige Töne – findet Verwendung. Die Schulleitung hat die Nadeln spendiert.
„Das ist schon altmodisch“
Und was wird daraus? Kleiner Einblick in den Häkelworkshop: Die Neuntklässler sitzen in Kleingruppen beieinander, reden, lachen, häkeln, helfen sich gegenseitig. Paul quält sich an einer gelben Luftmasche herum. Der Faden will einfach nicht durch die Masche schlüpfen. Spaß macht ihm die Häkelei trotzdem, sagt er, und alle am Tisch nicken. Man könne halt gut erzählen dabei. „Das ist schon altmodisch und ungewohnt“, meint Lucas, der neben ihm die Nadel betätigt, „so was macht doch heutzutage sonst kein Lehrer mehr.“ Wird das Häkeln etwa ein neues Hobby? Nicht wirklich, findet Marwin: „Vielleicht wenn ich irgendwann mal alt bin …“
Ein Tisch weiter sitzt Jette in der Runde. Die macht nicht nur Luftmaschen, sondern hat Ehrgeiz. Stolz zeigt sie einen kleinen knubbeligen Pilz vor. Während die anderen sich auf die Herstellung von Pfälzerwald-Boden spezialisiert haben, also flache Teile aus Luftmaschen und festen Maschen gestalten, wollte Jette mehr. „Ich hab’ einfach mal angefangen, und am Schluss ist der Pilz herausgekommen“, erzählt sie.
Gemeinschaftswerk wird geschaffen
Die meisten Schüler sind stolz, zu einem wahrhaftigen Kunstwerk beizutragen. „Mal was anderes als Bilder zeichnen“, freut sich Jonas. Seine Oma häkelt auch gerne. „Die fand es richtig schön, dass ich jetzt auch so was mache.“ Ein Tisch weiter ist Laura weniger begeistert. Sie findet das Häkeln „halt langweilig“, sagt sie in fröhlicher Offenheit, während sie ein durchaus ansehnliches Stück Waldboden herstellt.
Ein Gemeinschaftswerk zu schaffen, das ausgestellt wird, um andere Menschen zu erfreuen: Das sei die Mühe wert, meint Stefanie Braun. Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern hat sie Vorlagen im Internet gesucht und Arbeitsbögen für die Häkelteile erstellt, „ohne dass uns so ein Tiktok-Fuzzi was vorgibt“. Meterweise wurden erst Luftmaschen gehäkelt, dann kamen feste Maschen dazu. Ein Vorteil: Die Teile müssen nicht perfekt sein. Schiefe Ränder, kleine Beulen im Maschenwerk sind in Ordnung. Der wirkliche Waldboden ist ja auch nicht mit dem Lineal gezogen.
Eines unterscheidet übrigens die Schüleraktion ganz klar von den anderen Teilnehmenden: Der Anteil männlicher Häkler liegt im Klassenzimmer bei ungefähr 50 Prozent. Und bei den Erwachsenen? Genau null.