Kreis Südliche Weinstraße Atzelhof soll abgerissen werden

„Das habe ich jetzt beendet“, sagt der erste Stadtbeigeordnete Martin Wichmann (CDU) zur Unterbringung von Obdachlosen im Atzelhof. Das Haus soll verkauft werden. Der Atzelhof, ein Miniplattenbau mit 20 Wohnungen in der Landauer Straße, liegt im Gewerbegebiet der Stadt. Atzel bedeutet Elster. Die Eigenschaft der Elstern, diebisch zu sein, wurde mit dieser Bezeichnung wohl auch den Bewohnern zugesprochen, erklären sich Einheimische den Namen. Ingrid Wihler-Kaltenbach aus Steinfeld besucht zusammen mit der RHEINPFALZ ihren 25-jährigen Schützling aus Eritrea. Er heißt Siele, die Wohnung wurde ihm im August von der Verbandsgemeinde zugewiesen, weil er seine Wohnung verloren hatte. „Ich habe eine Arbeit angefangen, das Geld kam nicht am Monatsanfang, dann hat der Vermieter angerufen“, erzählt Siele in seiner neuen „Wohnung“, in der er sich notdürftig eingerichtet hat. Nach mehreren Anrufen sei er dann ausgezogen. „Die Flüchtlinge kennen die Rechte der Mieter nicht“, weiß Ingrid Wihler-Kaltenbach, die Siele und drei weitere Flüchtlinge aus Eritrea ehrenamtlich betreut. Seinen Nachnamen will Siele nicht nennen, er fürchtet Repressalien für seine Familie in Eritrea, ein Land, in dem er keine Perspektive für sich sieht. „Fast alle müssen zum Militär und bekommen rund 30 Euro im Monat, ich hab es nicht gemacht, es gibt keine Demokratie, keine Rechte und keinen Respekt“, sagt er. „Es ist trostlos, menschenunwürdig, ein verwahrlostes Loch“, sagt Wihler-Kaltenbach zu der Zweizimmerwohnung, die Siele und einem Landsmann zugeteilt wurde. Die Fenster sind undicht, Teile der Decke haben sich gelöst, der Dreck auf den Fußböden wird auch mit viel Schrubben nicht mehr abgehen. Das Abklebeband des Vormieters, der wohl begonnen hatte zu streichen, hängt von der Küchenwand. Eine Heizung gibt es nicht. In dem Zimmer, in dem das Bett von Siele steht und ein Kreuz des orthodoxen Christen an der Wand hängt, stehen ein Radiator und eine Kochplatte. Die Küche ist leer, bis auf eine Spüle mit Kaltwasserhahn. Die Treppe zur Wohnung bröckelt, das Grundstück ist mit Brombeeren zugewuchert, Müll liegt überall. „Scheiße“, sagt Siele auf die Frage der RHEINPFALZ, wie er sein neues Domizil findet. „In dem Zustand schmeißt halt jeder noch was dazu“, ist die Erfahrung seiner Betreuerin, die sich seit Jahren um Behördengänge, Arztbesuche oder Jobs kümmert. „Wenn man die Schicksale der Menschen kennt, sieht man die Dinge anders“, sagt sie zu ihrer Motivation, Flüchtlingen zu helfen. Gelegentlich werde man als Ehrenamtliche auf den Ämtern nicht wirklich ernst genommen und abgefertigt, sagt sie. „Die Wohnungen kann man nicht mehr vermieten, da wurde immer nur das Nötigste gemacht“, sagt Martin Wichmann, Baudezernent der Stadt, der das Gebäude mit rund 3000 Quadratmeter Fläche gehört. Er habe das Ordnungsamt der Verbandsgemeinde, die die Wohnungen zuweist, angewiesen, sie nicht weiter zu vermieten, es soll verkauft werden. „Es waren teils langjährige Mieter drin, ein Mann hat 50 Jahre da gewohnt, viele waren auch zufrieden und wollten gar nicht raus, auch wenn es eine Alternative gab“, wundert sich Wichmann. Für ihn ist klar, dass das Gebäude abgerissen werden muss, dafür hat die Stadt aber kein Geld, sie muss daher auf einen Verkauf warten. Derzeit werde ein Gutachten angefertigt, um den Verkehrswert des Grundstücks festzulegen, informiert er. Unbestritten ist, dass die Stadt jahrzehntelang das wohl in den 1960er- Jahren errichtete Gebäude, von dem vor rund zehn Jahren ein Drittel abgerissen wurde, vernachlässigt hat.

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