Kreis Kusel Die Hitze so nicht bestellt

Schönenberg-Kübelberg. Von wegen Schwimmbad und Schatten. 115 Läufer, Walker und Rollstuhlfahrer absolvierten am Samstag bei brütender Hitze den siebten Integrationslauf „Rund um den Ohmbachsee“, der von der Lebenshilfe Kusel organisiert wird. RHEINPFALZ-Mitarbeiter Sven Holler war auf der Kurzstrecke über 2,5 Kilometer als „Wasserträger“ mit dabei.

Samstagmorgen, 9.30 Uhr, am Ohmbachsee. Das Thermometer zeigt bereits 31 Grad. Auf der Festwiese herrscht Hochbetrieb. Laute Musik hallt aus den Lautsprechern, einige Kinder springen munter umher, andere, sowohl Junge als auch Ältere, suchen unter den aufgestellten Zelten Schutz vor der Sonne. „Die Hitze haben wir so nicht bestellt“, sagt Lebenshilfe-Mitarbeiter David Weber lächelnd. „Absagen konnten wir nicht. Wir haben Einrichtungen aus ganz Rheinland-Pfalz eingeladen. Dennoch wurde kurz überlegt, ob wir den Fünf-Kilometer-Lauf absagen. Aber die Läufer wollen unbedingt starten“, erläutert Webers Kollegin Helma Fichtl wenig später. Spontan entscheide ich mich, mitzulaufen. Nicht des Wettkampfes wegen – schließlich steht nicht die Zeit, sondern das Miteinander behinderter und nicht-behinderter Menschen im Vordergrund. „Begleitläufer sind, glaube ich, ausreichend hier. Aber wir wollen auf der Strecke noch Wasser anbieten und suchen jemanden, der den Bollerwagen mit dem Sprudelkasten schiebt“, sagt Helma Fichtl. Wasserträger mit Bollerwagen? Klingt fast wie ein Ausflug an Vatertag, nur ist statt Bierfässchen ein Sprudelkasten im Gepäck. 9.45 Uhr. Kuseline Julia Reiser durchschneidet das Startband und das Teilnehmerfeld setzt sich in Bewegung. Am Ende des Feldes schließe ich mich einer kleinen Gruppe in gelben Laufshirts an. „Wir kommen aus der Nähe von Stuttgart“, sagt Jürgen Hahn. Bereits am Freitag ist die Gruppe des Aktionskreises für Menschen mit und ohne Behinderung (AKB) angereist und hat sich im Campingpark Ohmbachsee eingemietet. „Anfang des Jahres sind wir auf den Lauf aufmerksam geworden und haben uns sofort angemeldet.“ Drei Betreuer und acht Sportler – mit und ohne Rollstuhl – sind mit dabei. Trotz sengender Hitze und offensichtlicher Anstrengung strahlen sie eine Freude am Laufen aus – wie alle Teilnehmer. Nach etwa einem Kilometer laufe ich auf das Team Jürgen Becker und Gernot Maurer auf. „Wir haben zu trinken, vielen Dank“, sagt Becker, der entspannt in seinem Rollstuhl sitzt und den Blick auf den Ohmbachsee genießt. „Es ist wichtig, dabei zu sein, um als Behinderter Präsenz zu zeigen. Das hilft, die Barriere im Kopf vieler Menschen abzubauen.“ Nach der ersten Verpflegungsstation ist einigen Läufern die Anstrengung deutlich anzumerken. Der Schweiß fließt in Strömen, das Tempo einiger Teilnehmer wird langsamer. Eine kleine Gehpause hat auch eine Kleingruppe der Integrativen Kindertagesstätte Kusel eingelegt. „Wollt ihr was trinken?“, fragt Erzieherin Regine Willberger, die auch ihren Hund Ayu dabei hat. Gierig trinken die Kinder ihre Becher aus, dann scheint ihr Schlachtruf – „wir fühlen uns mäuseschnell und bärenstark“ – wieder zuzutreffen. Zur Abkühlung gibt es noch eine kleine Sprudeldusche und weiter geht’s. Noch 300 Meter bis zum Ziel. Christine Becker muss noch einmal alle Kräfte mobilisieren. Sie wird von Astrid Schmidt, Mitarbeiterin der Mobilen Dienste des Ökumenischen Gemeinschaftswerks der Pfalz, begleitet. „Es ist toll, dass sie durchgehalten hat. Auf die Zeit kommt es ja heute nicht an.“ Bei Beckers Zieleinlauf wird deutlich, was den Integrationslauf auszeichnet. Die junge Frau strahlt vor Glück, reißt stolz einen Arm nach oben und genießt den Beifall. Die Anstrengung hat sich gelohnt, das Ziel wurde erreicht und ich stelle meinen Bollerwagen mit der zur Hälfte geleerten Sprudelkiste wieder ab. Wenig später lässt sich Christine Becker eine Frikadelle schmecken. Unweit von ihr treffe ich erneut Jürgen Becker. „Es war ein tolles Erlebnis“, beschreibt er das Erreichen der Ziellinie und ergänzt schelmisch: „Meine Gedanken waren aber eher bei Gernot Maurer, der mich geschoben hat. Ich habe gehofft, dass er mir im Ziel nicht umfällt.“ Doch Maurer hat durchgehalten – trotz der Hitze hatten die Sanitäter neben der Strecke einen ereignislosen Vormittag. ZAHLENSPIEGEL 2,5-Kilometer-Lauf: Männer Altersklasse ein bis sechs Jahre: Henry Rothfuchs, 15:29 Minuten; 2. Marlon Wiedenkofer, 15:33; 3. Jonas Pfaff, 16:38. Altersklasse sieben bis elf Jahre: 1. Mark Isaak, 14:01 Minuten; 2. Nick Sinkewiz, 14:16; 3. Dominik Faas, 14:20. Altersklasse ab zwölf Jahre: 1. Daniel Lauter 10:35 Minuten; 2. Timo Müller, 11:28; 3. Maurice Geimer, 12:07. Frauen Altersklasse ein bis sechs Jahre: 1. Katrin Schrott, 18:23 Minuten; 2. Lilu Emmerich, 19:59; 3. Johanna Bach, 20:08. Altersklasse sieben bis elf Jahre: 1. Emma Jentsch, 13:00 Minuten; 2. Amelie Kolloch, 14:50; 3. Alexina Williams, 14:55. Altersklasse ab zwölf Jahre: 1. Melanie Schmitt, 11:54 Minuten; 2. Annika Hoffmann, 14:23; 3. Michelle Fitus, 15:16. Fünf-Kilometer-Lauf: Herren: 1. Markus Braband, 19:37 Minuten; 2. Jens Lauter, 22:51, 3. Christian Kaiser, 23:26. Frauen: 1. Annabelle Herz, 34:44 Minuten, 2. Dorothee Becker, 37:18, 3. Florine und Bianca Lang, 38:44. (hlr)

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